Brigitte Weber (Name geändert) rettet Leben – Tag für Tag, oft nachts und am Wochenende: Die Intensivkrankenpflegerin arbeitet in einem Berliner Krankenhaus des landeseigenen Vivantes-Konzerns. Sie findet, dass sie angesichts der großen Verantwortung bei ihrer Berufsausübung zu wenig Wertschätzung erfährt, auch bei der Entlohnung.

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So wie Brigitte Weber meinen 73 Prozent der Beschäftigten in Pflegeberufen, dass ihr Einkommen wenig leistungsgerecht ausfällt. Das ergibt die Auswertung einer repräsentativen Befragung nach dem DGB-Index "Gute Arbeit" unter Beschäftigten aus vier Berufsgruppen mit einem dominierenden Frauenanteil: im Reinigungsbereich (Frauenanteil: 81 Prozent), in Verkaufsberufen (82 Prozent), in der Kranken- und Altenpflege (84 Prozent) sowie im Erziehungs- und Sozialbereich (83 Prozent). Bei allen vier Gruppen handelt es sich um Berufe, die zu Beginn der Corona-Pandemie als "systemrelevant" bezeichnet und von vielen Bürger*innen beklatscht wurden. Die Beschäftigten wurden zu ihren Arbeitsbedingungen und ihrer Entlohnung befragt.

Die Auswertung zeige, "dass systemrelevante Arbeit in unserer Gesellschaft häufig von Frauen und unter schlechten Bedingungen geleistet wird", heißt es in der achtseitigen Publikation, die unter dem Titel "Weiblich, systemrelevant, unterbezahlt" erschienen ist. Die nicht leistungsgerechte Bezahlung wird von Befragten aller Berufsgruppen mehrheitlich moniert. Arbeitszeiten am Wochenende, abends und in der Nacht betreffen vor allem Beschäftigte in der Pflege und im Verkauf. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind ebenso weit verbreitet wie körperlich schwere Arbeit und Zeitdruck wegen des häufigen Personalmangels.

Brigitte Weber ist 43 Jahre alt und seit ihrer Ausbildung durchgehend in der Pflege tätig. "Inzwischen merke ich immer öfter meinen Rücken." Nach einer anstrengenden Nachtschicht möchte sie einfach nur noch schlafen. Dass sie bis zum Renteneintrittsalter durchhält, kann sie sich nicht vorstellen. Diese Einschätzung teilt sie mit der Mehrheit der befragten Pflegekräfte: 70 Prozent von ihnen geben an, dass sie "wahrscheinlich nicht" bis zur Rente arbeitsfähig bleiben. Bei den Reinigungskräften sind es 40, bei den Verkaufsbeschäftigten 39 und bei den Erziehungs- und Sozialberufen 52 Prozent.

Alle Angaben zeigten, heißt es im Fazit der Auswertung, "dass die Arbeitsbedingungen in den vier überwiegend von Frauen ausgeübten Berufsgruppen in verschiedener Hinsicht problematisch sind". Nötig sei eine generelle Aufwertung frauendominierter Berufe, wozu bessere Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen gehörten.

Gudrun Giese

Die Publikation ist erschienen in der Reihe DGB-Index Gute Arbeit, Kompakt 01/2020,