GPR_Frankfurt_AnStadtIntoleranz_2-X.jpg
GPR-Vorsitzender Christian Barthelmes (vorne Mitte) mit GremiumFoto: privat

Gleich mehrere Projekte sind in diesem Jahr für den Deutschen Personalrätepreis nominiert, die für kulturelle Vielfalt und Toleranz stehen, auch aus dem ver.di-Organisationsbereich. Darunter auch ein Projekt des Gesamtpersonalrats (GPR) der Stadt Frankfurt/Main.

"2018 kamen wir im Gremium zu dem Ergebnis, uns der Thematik Diversität und Integration versus Rassismus und Ausgrenzung zu widmen", sagt der stellvertretende GPR-Vorsitzende Matthias Müller. Dazu entwickelte der GPR das Projekt "AnStadt INTOLERANZ – Diversität leben, Werte achten". Besorgniserregende Wahlergebnisse wie auch öffentliche Äußerungen von Ressentiments, die "gegenüber Gruppen von Menschen vor unserer Stadtverwaltung nicht haltmachen", hätten den Anlass gegeben, sagt Müller. Der GPR sah sich als politische Kraft innerhalb der Verwaltung verantwortlich, eine Kampagne auf den Weg zu bringen, "die einen diversitätsbewussten und respektvollen Umgang mit allen Menschen zum Ziel hat."

"Handkäs meets Couscous"

Zunächst wurden die Leitung des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten, Oberbürgermeister, Bürgermeister und der Personaldezernent von dem Projekt überzeugt. Danach plante der GPR konkrete Aktionen. "Wir wollten möglichst viele der rund 14.000 Beschäftigten in mehr als 60 Ämtern und Betrieben einbeziehen", so Matthias Müller. Projektbotschafter*innen unterstützten den GPR in den verschiedenen Dienststellen. Plakate mit Überschriften wie "Handkäs meets Couscous – Wir laden ein zum interkulturellen Kochen" oder "Synagoge meets Kirche – Wir laden ein zum interreligiösen Ausflug" wurden in den Behördenfluren aufgehängt.

"Ganz zentral ist die Erkenntnis, dass wir mit Konflikten anders, vor allem strukturierter umgehen müssen."
Matthias Müller, stellvertretender GPR-Vorsitzender der Stadt Frankfurt/Main

Gleich zu Beginn der Kampagne forderte der GPR die Mitarbeiter*innen bei einer Aktion auf, den Satz "Wer, wenn nicht wir…" zu vervollständigen. Viele beteiligten sich, erinnert sich Matthias Müller. Da habe sich bereits gezeigt, wie gut die Initiative ankam. Zudem organisierte der GPR gemeinsam mit der Bildungsstätte Anne Frank, dem Verein Makkabi Frankfurt und Wissenschaftler*innen themenbezogene Workshops. Und ganz allmählich zeigte sich, was sich dauerhaft in den Verwaltungen ändern müsse.

"Ganz zentral ist die Erkenntnis, dass wir mit Konflikten anders, vor allem strukturierter umgehen müssen", sagt der stellvertretende GPR-Vorsitzende. Eine aus Personalverantwortlichen und GPR zusammengesetzte Arbeitsgruppe bereitet mittlerweile Regelungen für ein systematisches Konfliktmanagement in der Frankfurter Stadtverwaltung vor. In Zukunft will der GPR den bewussten Umgang der Beschäftigten untereinander sowie im Umgang mit den Bürger*innen bezogen auf Unterschiedlichkeit, also Diversität, verstetigen. Im vergangenen Jahr wurde das Projekt "AnStadt INTOLERANZ" wie viele andere Projekte von der Corona-Pandemie ausgebremst. Im November 2020 konnte es schließlich in einem kleineren als ursprünglich geplanten Rahmen beendet werden.

Der Auftrag, Vielfalt und Toleranz im Alltag zu leben, bestehe aber dauerhaft fort. Da seien sich die GPR-Kolleg*innen mit ihrem Oberbürgermeister, dem Personaldezernenten, der Integrationsdezernentin und anderen Vertreter*innen der Frankfurter Stadtverwaltung einig.

Nominiert sind auch ...

... der Hauptpersonalrat der Berliner ­Senatsverwaltung für Finanzen für eine Rahmendienstvereinbarung zum Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), die regelt, wie Beschwerdeverfahren ab­laufen, insbesondere welche Rechte Verwaltungsbeschäftigte haben, wenn sich Bürger*innen auf der Grundlage des LADG beschweren.

Auf eine Grundsatzerklärung gegen Gewalt am Arbeitsplatz hat sich die Verwaltungsleitung und der Gesamtpersonalrat (GPR) der Nürnberger Stadtverwaltung bereits 2016 geeinigt. Immer wieder ­wurden Beschäftigte Opfer von Angriffen und Beschimpfungen am Arbeitsplatz. Die Nominierung in diesem Jahr brachte die 2020 unterzeichnete „Rahmendienstvereinbarung für eine gewaltfreie Stadtverwaltung“. Sie sieht ein Alarmierungssystem vor, Kontrollen durch Sicherheitsdienste, eine Nachsorgebetreuung sowie ein verbindliches Terminsystem, um Warte­zeiten zu verringern. Eine laufende ­Weiterentwicklung der Vereinbarung ist vorgesehen.

Die Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) der Stadtverwaltung Nürnberg wurde nominiert, weil sie sich intensiv für eine unbefristete Übernahme aller Auszubildenden der Stadtverwaltung eingesetzt hat. Gemeinsam mit dem GPR der Stadt haben die Jugend- und Auszubildendenvertreter*innen ab 2019 für die Übernahme der Azubis gekämpft, während die politischen Spitzen der Stadt zunächst nichts davon wissen wollten. Letztlich schlossen sich die Stadtratsparteien von SPD und CDU einem Antrag der Linken Liste auf unbefristete Übernahme der Azubis an. Im Mai wurde vereinbart, dass die Nürnberger Stadtverwaltung Azubis mit Ausbildungsbeginn 2023 bei bestandener Prüfung und persönlicher Eignung unbefristet übernimmt.

Aufgrund des unermüdlichen Einsatzes der GJAV der AOK Baden-Württemberg wurde sogar ein Landesgesetz geändert: Die Reisekosten aller Auszubildenden in dem südwestlichen Bundesland werden künftig zu 100 Prozent erstattet. Zuvor mussten die Arbeitgeber laut Landes­reisekostengesetz Baden-Württemberg nur die Hälfte der Kosten erstatten, was im Vergleich der Bundesländer eine der schlechtesten Regelungen war. Nach ­einer Anhörung im Landtag beschloss ­eine Mehrheit die hundertprozentige Reise­kostenerstattung für Azubis ab ­Januar 2022, die Personalrätepreis-Jury die Nominierung für diesen Erfolg.