Mensch und Maschine

Manfred Schulte, 52, ist Drucker und Maschinenführer im Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main. Hier wird u. a. die Frankfurter Rundschau gedruckt.

Ein Knopfdruck und die Zeitung fällt aus der Beförderungskette in den Schacht. Als Maschinenführer prüfe ich, ob die Farbe der Fotos mit der auf der Musterseite, dem Proof, exakt übereinstimmt. Wenn ich exakt sage, meine ich das auch. Selbst geringe Abweichungen dulde ich nicht. Dann muss ein Drucker am Computerterminal die Farbmesser so einstellen, dass die richtige Farbmenge in den Walzenstuhl läuft und über das Gummituch auf das Papier übertragen wird. Die Kollegen sind von meiner Perfektion oft genervt. "Mensch Manfred, wir drucken hier eine Zeitung und kein Buch." Soll heißen: Das Blatt wird ohnehin am nächsten Tag weggeworfen. Das ist die falsche Einstellung. Ein Facharbeiter muss gute Arbeit abliefern. Perfektion ist das Höchste, was man erreichen kann. Warum soll ich mich mit weniger zufrieden geben?

Rasend schnell umrüsten

Ich bin gern Maschinenführer, weil mir keiner in die Arbeit hineinredet. Ich habe Fernkurse gemacht und viel zum Thema Arbeitsorganisation und Mitarbeitermotivation gelesen. Mir ist es wichtig, dass Kollegen auch andere Abteilungen kennen lernen und wissen, was vor und nach dem Druck passiert. Und dass jeder im Team die Arbeit des Kollegen übernehmen kann.

Zurzeit warte ich tagsüber die Maschinen. In den Maschinen herumzukriechen und Farbwalzen zu justieren ist eine Arbeit, die keiner gern macht. Aber wir Drucker müssen die Maschinen kennen und beherrschen. Nur dann sind wir nicht so schnell zu verdrängen. Und: Je besser die Maschine läuft, desto seltener gibt es Ausfälle. Das ist nachts entscheidend. Zwischen 18 Uhr und drei Uhr morgens müssen wir rasend schnell die Maschine umrüsten, von der Deutschland- auf die Regionalausgabe, von der türkischen Zeitung auf Bild. Unsere Umrüstzeiten werden immer knapper, weil der Redaktionsschluss ständig nach hinten verlegt wird - aber das Flugzeug, das die Auslandsausgaben mitnimmt, wartet nicht. In dieser Zeit arbeiten alle unter Volldampf. Geschludert werden darf trotzdem nicht. Für meinen Perfektionsanspruch ist die Hetze allerdings Gift. Protokoll: Michaela Böhm

Foto: ANDREAS VARNHORN