Ausgabe 04/2007
Rettet die Stadtportale
Annette Mühlberg ist Referatsleiterin eGovernment, Neue Medien beim ver.di-Vorstand foto: rk
Der Axel-Springer-Verlag, so hat es die CDU-Regierung der Hansestadt Hamburg am Parlament vorbei beschlossen, wird zum Mehrheitseigner des Internetportals "hamburg.de". Damit wird Springer, der in der Stadt den Markt der öffentlichen Meinung ohnehin schon monopolartig beherrscht, mit Tageszeitungen, Anzeigenblättern, dem einzigen Stadtfernsehsender und der Beteiligung an zwei Radiostationen, nun zum faktischen Eigentümer des, so stolz die Verlagsmitteilung, "offiziellen Stadtportals."
Hamburg tritt ohne Not eines der wenigen bestehenden öffentlichen Rechte am virtuellen Raum - das Recht am Stadtnamen - an private Unternehmungen ab. Der Springer Verlag freut sich, dass er die offiziöse Domaine nun "für Werbekunden interessant" machen und nach dem Immobilienmarkt noch viele andere lukrative lokale Märkte abgreifen kann.
So wie die Braunschweiger hinter der auf ihre Kosten rekonstruierten Fassade "ihres" Stadtschlosses seit neuestem unversehens in der Welt von Starbucks, ECE und H&M landen, werden sich nun die Hamburger, die unter "hamburg.de" nach öffentlichen Dienstleistungen suchen, direkt in die Welt eines Medienmischkonzerns klicken.
Offenkundig haben unsere staatlichen Repräsentant/innen immer noch keine Ahnung von der strategischen Lufthoheit im virtuellen Raum. Während Politiker/innen in erhabenen Worten vom Internet als neuer Weltgesellschaft schwadronieren, stecken Unternehmer/innen in eben dieser neuen Welt ihre Claims ab, strukturieren sie, zäunen sie ein, kaufen sie auf. Der Aufbau öffentlicher Räume und Infrastrukturen im Netz bleibt auf der Strecke; der öffentlich rechtliche Rundfunk verspielt seine Chancen. Das Resultat: Monopolstrukturen statt Wett- bewerb, Kommerz statt Aufklärung und Schritt für Schritt ein Stück weniger Demokratie.
Bleibt die Hoffnung, dass die Hamburger Bürgerschaft doch noch aufwacht und sich diese Enteignung ihrer städtischen Kompetenzen nicht bieten lässt. Der letzte Rettungsanker: auf zum Kartellamt!