Für den Niedriglohnbereich wollte die Große Koalition schon bis Ende 2006 eine Lösung suchen. Monat um Monat verschob sie die Entscheidung, Monat für Monat, in dem beispielsweise rund 600000 Menschen trotz ihrer Vollzeitarbeit zusätzlich Hartz IV beantragen mussten. Wie ein Hohn muss ihnen jetzt der Kompromiss vorkommen, den Politiker von CDU, CSU und SPD als Lösung vorstellten. Das Entsendegesetz soll ausgeweitet werden - was nur ein winziger erster Schritt sein kann. Allerdings sind die Fristen lang und die Hürde von 50 Prozent bereits von Tarifverträgen erfassten Arbeitnehmer/innen hoch, um allen Betroffenen schnell zu helfen. Zudem: Das Gesetz zu den Mindestarbeitsbedingungen bezeichnete die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane als "bürokratisches Monster". Experten befürchten, dass es - wenn überhaupt - eher regionale, kleinteilige Lösungen schafft und keine weit reichende, verbindliche Lohnuntergrenze.

Wider besseren Wissens haben CDU/CSU den gesetzlichen branchenübergreifenden Mindestlohn verhindert - und dafür gesorgt, dass auch weiterhin eine große Zahl von Menschen unterhalb der Lohnarmutsgrenze arbeiten muss. Dabei sprechen sich nach einer emnid-Umfrage auch 57 Prozent der Unionswähler für einen Mindestlohn aus.

Die SPD ist mit ihrem Schlingerkurs nicht weitergekommen. Erst sammelte sie Unterschriften für den Mindestlohn, dann stimmte sie einem Wort für Wort gleich lautenden Antrag - in den Bundestag eingebracht von der Linkspartei - nicht zu. Als "sauguten Erfolg" versuchte die zukünftige stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles das Ergebnis zu verkaufen. Und was jetzt nicht geschafft wurde, werde nach 2009 erledigt, wenn die SPD nach der Bundestagswahl über entsprechende Mehrheiten verfüge. Damit ist das Thema mitten im Wahlkampf angekommen - und die SPD hofft, damit Stimmen zu machen.

Den Betroffenen hilft das wenig. Sie befinden sich einmal mehr in einer Warteschleife.

heike langenberg

Siehe Artikel "Ein fader Kompromiss"