Tagesspiegel, 27. April 2008

Deutschlands Gewerkschaften gewinnen wieder an Einfluss

Sie haben Gerhard Schröder überstanden, Hans-Olaf Henkel und Guido Westerwelle. Als "Plage" mussten sie sich beschimpfen lassen, einen Haufen von Betonköppen und Besitzstandswahrern, der die Globalisierung nicht kapiert. Schlimm. Doch jetzt sind sie wieder da. Im Windschatten der Konjunktur kommen die Gewerkschaften zu neuen Kräften. Erfolge gibt's im Kerngeschäft: Tariferhöhungen um mehr als fünf Prozent für Stahlarbeiter und den öffentlichen Dienst - das war in den vergangenen Jahren undenkbar.


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. April 2008

Doppelsieg für Verdi

Einen langen Ausstand kann sich der Konzern nicht leisten. Im klassischen Briefsegment muss er den Wettbewerb nicht fürchten, aber im hart umkämpften Geschäft mit Prospekten und Reklame stehen die Konkurrenten Gewehr bei Fuß. Deshalb wird Verdi wohl den Doppelsieg einfahren bei Arbeitszeiten und Gehalt. Für die Post riecht es nach einem teuren Kompromiss. Ihren Kunden bleibt ein Streik erspart. Doch die Rechnung für den Tarifabschluss wird nicht auf sich warten lassen.


Frankfurter Rundschau, 02.Mai 2008

Der Preis der guten Arbeit

Es wäre schön, wenn das mit dem Slogan "gute Arbeit" gemeint sein sollte: eine Alternative zu dem Merkel-Spruch "Sozial ist, was Arbeit schafft". Eine Haltung, die den Preis für gute Arbeit nicht verschweigt; die sich den Bedingungen der Globalisierung stellt, ohne sich der ewigen Litanei von der Kostensenkung widerstandslos zu beugen; die der Politik, welcher Partei auch immer, den Kotau vor der Dominanz der Wirtschaftsinteressen nicht durchgehen lässt. Die Gewerkschaften sollten diesen Weg konsequent weitergehen. Dann werden sie sich um ihre Mitgliederzahlen bald keine Sorgen mehr machen müssen.


Handelsblatt, 07.Mai 2008

Wenig Kritik an den Abgeordnetenbezügen

Die Gewerkschaften hielten sich gestern mit Kritik zurück, auch wenn sie - wie etliche Koalitionspolitiker - überproportionale Gehaltssteigerungen bei Managern attackieren. Eine Erklärung könnte sein, dass sie die in diesem Jahr geplante Übertragung des Tarifergebnisses für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst auf die Beamten nicht gefährden wollen. In früheren Jahren hatte die Regierung die Tarifergebnisse nur mit Abstrichen auf Beamte übertragen.