In Darmstadt haben 300 Beschäftigte verloren

Es war einmal vor Jahren - da war Darmstadt ein bekannter und bedeutender Druckstandort in Hessen. Das hat sich geändert. Nun verschwindet am 31. Dezember auch noch ein Tiefdruckbetrieb aus der Stadt, der letzte in Hessen. 300 Beschäftigten wird der berufliche Garaus gemacht. Die Branche bietet im Raum Südhessen und Rhein-Main kaum andere Arbeitsplätze. Dabei könnte die ökonomische Welt in Ordnung sein, denn der Konzern macht Millionengewinne, auch das Darmstädter Werk trägt dazu bei.

Um da als Normalsterblicher Probleme zu sehen, muss man andere Gesichtspunkte betrachten. Prinovis, ein europaweit agierender Konzern der Tiefdruckbranche, wurde vor rund zwei Jahren gegründet und gehört zu drei Vierteln dem Bertelsmann-Konzern (über Gruner+Jahr und Arvato) und zu einem Viertel dem Springer-Konzern. Rund 4000 Beschäftigte arbeiten in Ahrensburg, Darmstadt, Dresden, Itzehoe und Nürnberg. In Liverpool gibt es eine weitere Niederlassung. Bei Katalogen und Zeitschriften, der Tiefdruck-Domäne, verfügt Prinovis über 38 Prozent Marktanteil. Die Tiefdruckindustrie erlebte in den letzten Jahren einen Strukturwandel, gegenwärtig tobt im Markt der Preiskampf, und die Aktionäre wollen viel Geld sehen. Prinovis teilt auf der Internet-Seite mit, man habe die Zukunft fest im Blick, sie sei vielversprechend.

Fragt sich nur, für wen. In Darmstadt jedenfalls steht den 300 Druckern das Wasser bis zum Hals. Der Betriebsrat hat dennoch das vorgeschlagene "Bündnis für Arbeit" abgelehnt, weil es massive Verschlechterungen für die Beschäftigten bedeutet hätte, aber keine Sicherheit für die Arbeitsplätze. Im Fe-bruar nun wurde - nach rund zwei Jahren Existenz - die Schließung des Betriebes verkündet. Die Beschäftigten reagierten Ende März mit Warnstreiks, Ende April erneut. Eine erste Warnung.

Der Betriebsrat verhandelt über einen Sozialplan, der die vollen Kassen der Eigentümer berücksichtigen soll. Unterstützend fordert ver.di einen Sozialtarifvertag, in dem vor allem Weiterbeschäftigungs-, Qualifizierungs- und Eingliederungshilfen festgelegt werden. ver.di hat darüber hinaus die Interessenvertretung aller Prinovis-Beschäftigten in der Republik als Auftrag und plant einen europäischen Tarifvertrag für die Tiefdrucker.REB