Paranoid Park | Alex ist geplagt von der Pubertät. Auf der Nase leuchten die Pickel, seine Eltern lassen sich scheiden, die Freundin nervt, und nun wird er auch noch aus dem Unterricht zitiert, um einem Polizisten Rede und Antwort zu stehen. Auf einem Rangierbahnhof in Portland ist ein Wachmann ums Leben gekommen. War es ein Unfall oder Mord? Verdächtig sind die Jugendlichen, die die benachbarte Skater-Anlage Paranoid Park besuchen. Und Alex ist einer von ihnen. Hat er etwas damit zu tun? Der auf Coming-of-Age-Geschichten spezialisierte Gus Van Sant (My Private Idaho, Good Will Hunting) hat eine Liebeserklärung an eine Jugendkultur gedreht: Wenn die Skateboarder durch die Betonröhren rollen, folgt ihnen die Kamera wie eine Verliebte. Immer wieder schweben die Artisten durch die Halfpipe, umflort von Lichtreflexen und stilisiert mit Zeitlupe. Grobkörnige Bilder beschwören eine Authentizität, die durch die Darsteller verstärkt wird, allesamt Laien und übers Internet rekrutiert. Vor allem aber befördert Van Sant den Zuschauer mit Rückblenden und virtuos verschachtelten Zeitebenen, die die Spannung halten, ins Gefühlsleben des an sich selbst leidenden Alex, ohne dabei der Versuchung zu erliegen, die Geschichte zu "Schuld und Sühne" im Skater-Milieu aufzu-blasen.

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USA 2007, REGIE: GUS VAN SANT, KAMERA: CHRISTOPHER DOYLE; D: GABE NEVINS, DAN LIU, JAKE MILLER, TAYLOR MOMSEN, 85 MIN., START: 15.5.


Standard Operating Procedure | Der Vorwurf der Manipulation lässt sich nicht ganz entkräften. Denn nachgestellte Szenen, in denen eine geschmeidige Kamera gefährlich zuschnappenden Wachhunden ins Maul schaut oder auch mal Blut verschmierte Gefängniskorridore entlangfährt, die haben in einer Dokumentation ja nicht unbedingt etwas zu suchen. Nötig gehabt hätte sie dieser ohnehin sehr beeindruckende Film über die berüchtigten Folterfotos aus Abu Ghraib eigentlich auch nicht: Regisseur Errol Morris (The Fog of War) beleuchtet den US-Armeeskandal, der 2004 weltweit für Schlagzeilen sorgte und das amerikanische Selbstverständnis gehörig ins Wanken brachte; er versucht die menschliche Dimension hinter den schockierenden Schlagzeilen auszuloten. Und die so bemerkenswerte wie gleichermaßen beunruhigende Stärke seines Films, das sind zweifellos jene Geschichten, die die fotografierenden Folterer selbst zu berichten haben: Sie reden und erklären immer wieder, suchen nach Antworten und entwischen dennoch in Ausflüchte. Sie zeigen sich mal schuldbewusst, mal in anklagender Opferrolle - erläutern, wie es zu den Misshandlungen an den Irakischen Kriegsgefangenen überhaupt kommen konnte. Und sie verstehen dabei ganz und gar nicht, wie sie selbst zu Folterknechten werden konnten. Beklemmend und beängstigend, auch wenn die irakischen Opfer hier leider nicht zu Wort kommen.

ROBL DOKUMENTARFILM USA 2008; R: ERROL MORRIS; 117 MIN., START: 29. MAI