Robert Rauschenberg - Travelling '70-'76 | "Ich will nie von hier gehen", hat Robert Rauschenberg einmal in einem Interview gesagt, "ich habe Angst, dass etwas Interessantes passiert und ich es verpasse." Anfang Juni ist der amerikanische Künstler mit 82 Jahren gestorben, aber viel verpasst hat er Zeit seines Lebens nicht. Wie groß sein Interesse an der Welt war, spiegelt sich nicht nur in den Spenden für gute Zwecke und linke Politiker wider, die er diesen stets aus seinem Vermögen zukommen ließ. Dass er mit offenen Augen durch die Welt ging, zeigt gerade eindrucksvoll eine Ausstellung seiner von Reisen und Umzügen inspirierten Arbeiten aus den 70er Jahren im Münchner Haus der Kunst. So erhielten mit seinem ersten größeren Wohnortwechsel nach Florida Pappe und Pappkartons ihren Einzug in sein Werk aus Assemblagen, Skulpturen und Installationen. Seine Kreationen aus bunten Tüchern, entstanden nach Aufenthalt in einem indischen Ashram. Dort waren alle in quietschbunte Saris und Tücher gehüllt, füllten Farben mit Leben, die ihm bis dahin zu künstlich erschienen. Damals sagte er: "Ich hatte mir den Luxus dieser leuchtenden, schönen Farben nie gestattet, bevor ich nach Indien fuhr und sah, wie Leute in ihnen umherliefen und sie im Schlamm schleifen ließen." Der Schritt zum Farbenrausch war in der Folge der nächste. Und Amerika hatte fortan ein Aushängeschild. Mit Ausstellungen wie dieser wird er's bleiben.

PEWE

HAUS DER KUNST, MÜNCHEN PRINZREGENTENSTR. 1, BIS 14. SEPTEMBER, MO-SO 10-20 UHR, DO 10-22 UHR


Heidersberger - Rückkehr zum Aufbruch | Wer heute die Autostadt des Volkswagenwerks in Wolfsburg besucht, ist schon bei der Anfahrt mit dem Zug schwer beeindruckt von der klassischen Schlichtheit und Funktionalität des Kraftwagenwerks. Nach dem 2. Weltkrieg liefen hier die Käfer vom Band, die ebenso wie die erst 1938 gegründete Stadt Wolfsburg lange als Inbegriff der deutschen Moderne galten. Kein anderer als der Fotograf Heinrich Heidersberger, der den Großteil seines Lebens in Wolfsburg und Braunschweig verbrachte, hat diesen Aufbruch in die Moderne in zeitlosen wie in den Bann ziehenden Schwarzweißbildern festgehalten. Da baumeln zwei Beinpaare vom ersten Zehnmeterturm des Wolfsburger Freibads, unten in weiter Ferne tummeln sich im Wasser und auf den Wiesen Massen von Bade- und Sonnenhungrigen. Wenn dann vor einer Neubausiedlung in Parkboxen lauter Käfer-Mobile Seite an Seite stehen, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, die Wolfsburger haben sich alles gleichwertig geteilt: das Wohnen, die Arbeit, das Auto und die Freizeit. Neben diesen "Bildern einer jungen Stadt" gibt es aber auch andere aufregende Foto- grafien Heidersbergers zu entdecken. Von Licht- und Schattenspielen bekleidete Akte, Stillleben aus Industriedesign und Treppenhäuser, die wie Schneckengehäuse anmuten. Am kleinsten sind seine New York-Bilder, aber in ihrer Kleinheit sind gerade sie großartig.

PEWE

KUNSTMUSEUM WOLFSBURG, HOLLERPLATZ 1, BIS 21. SEPTEMBER, DI 11- 20 UHR, MI-SO 11-18 UHR