Daniel Glattauer: Alle sieben Wellen | Das ist mal ein demokratisches Auftragswerk! Plotgeile Leser und Leserinnen haben es mehr oder weniger herbeigefleht. Es war aber auch gemein: Mit seiner Liebesgeschichte Gut gegen Nordwind (ver.di PUBLIK 8_2008) hat der österreichische Autor seine Leserschaft vollkommen kirre gemacht. Zum einen mit der Form des suchterzeugenden E-Mail-Romans, zum anderen mit dem Inhalt einer nervenaufreibenden Liebesgeschichte; die Geschichte von Emmi und Leo war emotionales Ringen auf hohem sprachlichem Niveau. Aber das Ende? Niederschmetternd, ein kalter Entzug! In Alle sieben Wellen werden einige der verzweifelten Leser-E-Mails abgedruckt, die daraufhin beim Autor eingingen, um ihn zu erweichen, doch noch weiter zu schreiben. Zum Nachfolger nur soviel: Sie sind wieder da, diese Passagen filigranster Liebesprosa, mit denen Glattauer seinen Lesern so zusetzt. Und: Diesmal treffen sich Emmi und Leo. Aber wo und wie, darf die Rezensentin natürlich nicht verraten, sonst ist der Cliffhanger hin. Doch worauf lässt diese kollektiv ausgebrochene Emmi-und-Leo-Hysterie schließen? Ist es die Sehnsucht nach kultiviertem Dialog in Zeiten elektronischen Verbalmülls? Die nach endlich mal wieder etwas Spannung in der Liebe? Ach, egal. Hauptsache, die Geschichte geht weiter.

JM

Roman, Deuticke, 224 S., 17,90 €


Anne C. Voorhoeve: Einundzwanzigster Juli | Der 21. Juli 1944 ist der Tag nach dem missglückten Attentat auf Hitler. Das Schicksal der Verschwörer ist bekannt, was aber geschah mit den Angehörigen, die nicht beteiligt waren und oft auch nichts wussten? "Sippenhaft" erwartete sie. Was das genau bedeutete für die Familie von Stauffenberg, das hat Anne C. Voorhoeve mit ihrem neuen Buch eindringlich beantwortet. Der Autorin gelingt es - wie in ihrem vorherigen Roman Liverpool Street - die Schreckensrealität des Nationalsozialismus fühlbar zu machen, auch wieder durch die Augen eines jungen Mädchens. Dies gelingt ihr altersgerecht, ohne ihre jugendlichen Leser zu verschrecken. Wir erleben mit Fritzi die Odyssee der verschleppten Familie, durch Gefängnisse, Heime und Konzentrationslager. Das Buch ist eine mögliche Antwort auf die Frage, warum nicht mehr Menschen im Dritten Reich Widerstand leisteten. Das, was den Angehörigen drohte, wirkte schon im Vorfeld auf alle ein, die Pläne machten. Warum die Verschwörer des 20. Juli das Risiko dennoch eingingen, sagt ein dem Buch vorangestelltes Zitat von Berthold von Stauffenberg: "Das Furchtbarste ist zu wissen, dass es nicht gelingen kann und dass man es dennoch für unser Land und unsere Kinder tun muss."

Klix

Roman, RAVENSBURGer Buchverlag 2008, 348 S., 14,95 €