Mein Arbeitsplatz: Ronald Klar, 53 Jahre, Kanalreiniger in Bremen

In der Tiefe

Ich arbeite an einem Ort, den die meisten Menschen meiden. Ich bin Kanalreiniger bei der Bremer Hansewasser. Für 2300 Kilometer Kanalnetz sind meine Kollegen und ich verantwortlich. Mein Tag beginnt meist morgens um sechs. Ich mag die Frühschicht lieber, als erst mittags zu beginnen, wie wir es im Sommer manchmal machen. Wenn ich kurz nach zwei fertig bin, habe ich noch den Nachmittag und kann im Garten arbeiten.

Es gibt verschiedene Fahrzeuge, mit denen wir arbeiten. Je nachdem, wofür ich eingeteilt bin, weiß ich, was auf mich zukommt. Oft verbringe ich den Tag damit, die Kanäle zu spülen: Dafür wird ein Schlauch in die Rohre gelassen, aus dem dann mit einem Druck von einhundert Bar das Wasser geschossen kommt und später Schlamm und Reste eingesaugt werden. Dafür muss ich nicht in den Kanal rein. Das machen wir, wenn Begehungen nötig sind, um Hausanschlüsse zu kontrollieren oder Ablagerungen zu entfernen. Dafür müssen wir das "Ponygeschirr" anlegen, eine Montur mit Sicherungsseilen. Das dauert zwar, aber manche Kanäle sind in fünf Metern Tiefe. Wenn man beim Abstieg abrutscht, kann man sich böse verletzen.

Fund im Kanal

Es stimmt, dass die Luft unten nicht gut ist, aber ich mache das seit 31 Jahren und habe mich an den Geruch gewöhnt. Manche Leute halten sich schon die Nase zu, wenn sie an unseren Wagen vorbeikommen. So empfindlich kann man in dem Job nicht sein. Die Leute kippen ja fast alles in die Kanalisation. Das Merkwürdigste, auf das wir gestoßen sind, war ein Feuerlöscher.

Früher war die Arbeit körperlich schwerer als heute, etwa wenn wir 30-Meter-Schläuche auslegen mussten. So was kommt heute kaum noch vor. Dafür ist die Technik auf den Einsatzfahrzeugen kompliziert geworden, da hat man einen halben Computer an Bord. Mich ärgert, dass die Stellenbezeichnung nie geändert wurde. Nach Vertrag bin ich "Fahrer schwerer Arbeitswagen", praktisch arbeite ich als Maschinist. Trotzdem bin ich froh, dass ich mir um meinen Job nie Sorgen machen musste. Als unser Betrieb 1999 privatisiert wurde, hat die Gewerkschaft einen Überleitungstarifvertrag ausgehandelt, mit dem ich fast unkündbar bin. Und: Abwasser gibt's immer. Protokoll: Susanne Kailitz