HÖREN

Madeleine Peyroux: Bare Bones

Mit ihrem Debüt Dreamland landete Madeleine Peyroux 1996 einen Überraschungserfolg. Kritiker und Publikum staunten über eine 22-jährige Frau, die nach nur wenigen Tönen die Erinnerung an die legendäre Jazzsängerin Billie Holiday wachrief. Das Resultat: mehr als eine Viertelmillion verkaufter CDs. Die Blitzkarriere hatte jedoch auch ihre Schattenseiten, denn der Medienrummel um ihre Person vertrug sich nicht mit Peyroux' Anspruch auf Authentizität. Als ihr Label sie schließlich aus Sparmaßnahmen fallen ließ, zog sie sich ganz vom Musik-Geschäft zurück, um an ihre Vergangenheit als Straßenkünstlerin anzuknüpfen. Ganze acht Jahre hat ihre Abstinenz von der Plattenindustrie gedauert, erst mit Careless Love aber gelingt ihr 2004 ein glänzendes Comeback - ohne die unerwünschten Nebenwirkungen. Auf der aktuellen CD Bare Bones besingt Peyroux nun die eher dunklen Momente des Lebens, stimmt aber auch hoffnungsvolle Töne an. Ihre melancholisch grundierte Musik unterstreicht diese Nachdenklichkeit. Peyroux lebt von der Unaufgeregtheit ihres Gesangs, und auch die Begleitmusiker stimmen mit in diese unterschwellige Dramatik ein. Damit schafft sie eine intime Stimmung, die ganz nah beim Hörer ist und deshalb auch so fesselt.

RIX

Singer/Songwriter, CD, Decca/Universal


Taylor Swift: Fearless | Mitunter tut sich im Popgeschäft eine Marktlücke auf, von der niemand wusste, dass sie überhaupt existiert. So geschehen mit Taylor Swift: Die 19-Jährige aus Nashville belegte mit ihrem zweiten Album Fearless nahezu drei Monate lang die Spitzenposition der amerikanischen Album-Charts - und das mit Countrymusik für Teenager. Darauf wäre niemand gekommen, dass pubertierende Mädchen Musik hören wollen, die sonst von grimmigen Bartträgern und dickbusigen Mammas dominiert wird. Aber Swift hat es geschafft, mit Texten über Ex-Freunde und Schulprobleme eine bis dahin verborgene Zielgruppe zu erobern. Dass ihr Country geschickt den Produktionsstandards internationaler Popprodukte an-gepasst wurde, erleichterte die Gewöhnung. Wer nun aber die mit goldenen Locken gesegnete Swift für eine besonders perfide Marketing-Idee der Musikindustrie hält, liegt auch falsch: Mit neun Jahren gewann sie einen Gedichtwettbewerb, mit zwölf begann sie Gitarre zu spielen und mit 15 lehnte sie ihren ersten Plattenvertrag ab, weil man ihr nicht zugestehen wollte, ihre eigenen Songs aufzunehmen. Nun hat sie grob geschätzte sechs Millionen Platten verkauft und ziert das Cover des altehrwürdigen Rockmagazins Rolling Stone. Aus dem Nischenfüller ist der Countrystar 2.0 geworden.

TO

Country, CD, Universal


Victor Démé: Victor Démé | Der Mann mit der weichen und angenehm hohen Blues-Stimme veröffentlicht nach 30 Jahren, in denen er professionell Musik macht, sein erstes Album. Lange Zeit war der Sänger durch die Clubs an der Elfenbeinküste getingelt, wohin ihn die politisch instabile Lage seiner Heimat Burkina Faso verschlagen hatte. Gleich zwei Berufe hatte man ihm in die Wiege gelegt. Die Stimme bekam er von der Mutter, die auf Hochzeiten sang. Von Vater, Onkel und Tanten lernte er das Schneidern und Nähen, womit sich Victor an der Elfenbeinküste sein Geld verdienen konnte. Mit 26 und zurück in Burkina Faso, kam seine Karriere in Schwung. Rätselhaft, was genau ihn daran gehindert hat, seine unaufdringlich perlende und lyrische Mandingo-Musik schon früher zu veröffentlichen. Umso gelassener klingen die 15 Songs über dringend benötigte Solidarität und die Schönheit der Frauen. Durch Démés Musik weht das Drama eines Landes, das zwar die beste Baumwolle der Welt erzeugt, aber zu den ärmsten Ländern der Erde gehört.

JM Weltmusik, CD, Outhere Records