Ausgabe 03/2010
Das Geschäft mit der Armut
BERNHARD JIRKU ist zuständig für die Erwerbslosenarbeit in der ver.di-Bundesverwaltung
Obdachlose, Hilfebedürftige. Wie zu hören ist, waren sie für den gerade abgetretenen Chef der Berliner Treberhilfe ein einträgliches Geschäft. Von dem man Maserati fahren, ein Anwesen am See bewohnen und rund 30 000 Euro monatlich kassieren kann. Eine Wachstumsbranche inmitten von Hartz-IV-Landschaften und prosperierenden Immobilienfonds. So genannte Social Profits: gemeinnützig, aus öffentlichen Mitteln finanziert, in öffentlich privater Partnerschaft, rentabel, produktiv, liquide. Kommunal bestens vernetzt, mit Sitz im Stadtparlament und Kontakten zu allen Seiten lassen sich prima Gewinne machen. Und mit mies bezahlten Beschäftigten ohne Tarifbindung und 1-Euro-Jobs gratis. Betriebsrat, engagierte Mitbestimmung: hier Fehlanzeige, das könnte die Abzockerei beeinträchtigen. Schon frühzeitig hatte ver.di auf Missstände hingewiesen. Kenner wussten Bescheid. Doch Verantwortliche haben "leider nicht so genau hineingeschaut". War ja alles gemeinnützig. Bis das Thema in die überregionalen Medien gelangte.
Szenenwechsel. Trampolins: Die Einzelteile werden in China produziert, dann nach Deutschland verfrachtet. Und hier zusammengesetzt von "Hilfebedürftigen", die für 0 Euro verliehen werden. Soziale Betreuung? Im öffentlichen Interesse und zusätzlich? Hilfebedürftigkeit und Armut überwunden? Nein. Stattdessen wird reguläre Arbeit verdrängt. Auch hier werden gut vernetzt Gewinne mit "Hilfebedürftigen" gemacht. Mitbestimmung Fehlanzeige, Tarife sowieso. Das Muster ist einfach gestrickt: Aus fehlenden Arbeitsplätzen wird die Notwendigkeit von sozialer Betreuung hergeleitet. Ein florierender Markt im Verbund mit Stadtrat und Hartz-IV-Verwaltung. Umso mehr, wenn man die Gewerkschaften aus der Mitbestimmung in Einrichtungen und aus den Beiräten in Optionskommunen und Job-Centern raus hält, wenn man den Gewerkschaften kein Veto in Sachen Arbeitsmarktneutralität bei Maßnahmen zubilligt. Ein Skandal. Auch weil diejenigen, die unter anständigen Arbeitsbedingungen eine gute Sozialarbeit leisten, mit in Misskredit geraten können.