Ausgabe 03/2010
Rechnung ohne ver.di gemacht
Beschäftigte der Drogeriemärkte wollen sich Firmenumbau und Jobverlust nicht beugen
Erfolg für ver.di in Bremen: Weil Jobs abgebaut und Arbeitsbedingungen weiter verschlechtert werden, protestierten Gewerkschafter sowie Beschäftigte gegen die Drogeriekette Schlecker. Schlecker war jüngst wegen des Leiharbeiterskandals in die Schlagzeilen geraten und erst auf großen gewerkschaftlichen, dann auch politischen Druck zurückgerudert. In der Hansestadt störten ver.dianer und Schleckerbeschäftigte gemeinsam mit sozialpolitischen Initiativen und lokalpolitischer Unterstützung Einweihungspartys für "XL-Märkte" des Discounters. Durch einen so genannten "flashmob" - einen geplanten Kundenansturm - wurde der Verkauf stillgelegt. Schlecker schloss unter Polizeischutz - wegen eines "Stromausfalls".
Die Masche bleibt dieselbe
Die in dem bisherigen Schlecker-Markt tätigen Mitarbeiterinnen waren kurzerhand versetzt worden. Sie hatten es abgelehnt, die deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. ver.di-Fachsekretär Richard Schmid kritisiert das Verhalten des Discounters: Trotz Protesten, Pressestimmen und Politikerschelte, Schlecker bleibe bei seiner Masche, ist sich Schmid sicher. So wurde auch drei Verkäuferinnen gekündigt, die in Bremen eine Betriebsratswahl organisieren wollten. Angeblicher Grund: Sie hätten Ware nicht rechtzeitig bestellt. Mit einem Marktanteil von 76 Prozent in Deutschland gehört der Discounter auch zu den 25 größten Handelsunternehmen in Europa. Eigentümer Anton Schlecker hatte angekündigt, mit seinem "neuen Geschäftsmodell" noch in diesem Jahr 500 kleine Läden des 10 000-Geschäfte-Imperiums zugunsten großer XL-Märkte zu schließen. Auch in Bremen und Niedersachsen sind jüngst Verkaufsstellen geschlossen worden. Die angekündigten "klotzigen" Investitionen wollte Schlecker auf Kosten seiner Mitarbeiter erwirtschaften, indem er zum Teil nur noch 6,50 Euro Lohn anbot. "Da sollte ein neuer Niedriglohnrekord für die Drogeriebranche aufgestellt werden - aber Herr Schlecker hatte die Rechnung ohne uns gemacht", erklärt ver.di-Experte Schmid. Schlecker hatte im Zuge der Umstrukturierung Beschäftigte zunächst entlassen, um sie gleich wieder in der firmeneigenen Beschäftigungsgesellschaft "Meniar" (Menschen in Arbeit) bei Lohneinbußen von bis zu 50 Prozent einzustellen. Sogar die Arbeitgeberverbände des Einzelhandels distanzierten sich von den Schlecker-Praktiken. Inzwischen gab Schlecker öffentlich bekannt, keine neuen Leiharbeitsverträge mit "Meniar" mehr abzuschließen. ver.di befürchtet allerdings, dass bundesweit bereits 2 000 Jobs durch den Firmenumbau dem Rotstift zum Opfer gefallen sind. Gleichzeitig hat ver.di Tarifverhandlungen mit Schlecker für die rund 41 000 Beschäftigten in Deutschland durchgesetzt, um Sozialtarifverträge sowie einen Beschäftigungssicherungstarifvertrag zu vereinbaren. Ziel: Im Rahmen der Schlecker-Umstrukturierung dürfe es keine weiteren betriebsbedingten Kündigungen geben.