Ausgabe 03/2010
Wie kommen wir da hoch?
Von Petra Welzel
Lamas sind die besten Zugpferde, für Kinder. Im österreichischen Werfenweng setzen sie sommers wie winters Lamas bei Familienwanderungen ein. Ist so ein Vierfüßer unter der Herde, läuft jedes Kind dorthin, wohin die Erwachsenen wollen.
So ein Lama hätte ich gern im letzten Sommerurlaub auf Gomera dabei gehabt. Aufgeregt war die fünfjährige Tochter vor dem Aufstieg zum Garajonay, mit knapp 1600 Metern der höchste Berg der Kanarischen Insel. Sie wollte da hoch, unbedingt. Dass es nur bergauf ging, mal auf fast geraden Sandwegen, mal in Serpentinen über Schotter um den Berg herum, wollte und konnte sie nicht verstehen. Sie hatte den Gipfel von der Straße aus gesehen, jetzt war der Weg so weit und unübersichtlich, der Gipfel nicht mehr zu sehen. Tannenzapfen und bunte Steine pflasterten den Weg, luden zum Aufsammeln ein, hielten aber auch auf. Der Farn am Wegesrand wurde mit steigender Höhe immer schlaffer, wie das Kind. Zwei Stunden für gefühlte zwei Kilometer. Und die immer gleichen Fragen: Wann sind wir da? Wann sind wir oben?
Wenn kein Lama zur Hand ist, gibt es andere Möglichkeiten, eine Wanderung zum Erlebnis für Kinder zu machen. Für Kinder ist der Weg das Ziel, der muss deshalb für Spannung sorgen. Jedes Kind ist dankbar für Käfer, Pilze, Blumen und andere besondere Pflanzen, die am Weg stehen. Gehen Sie selbst mit offenen Augen durch die Landschaft und beobachten Sie zusammen mit Ihren Kindern die kleinen und großen Besonderheiten der Natur.
Kinder motivieren sich gegenseitig
Nehmen Sie, wenn es möglich ist, andere Kinder mit. Kinder motivieren sich gegenseitig am besten, spornen sich gegenseitig mit ihren Entdeckungen an. Vor allem lieben es Kinder, wenn sie die Gruppe anführen dürfen. Lassen Sie die Kleinen den Weg suchen, behalten Sie von hinten den Überblick.
Was sie aufsammeln, sollten die Kinder in eigenen Taschen oder kleinen Rucksäcken selbst tragen können. Getränke, Pausenbrote und Snacks gehören ins Wandergepäck der Erwachsenen. Alle 30 bis 60 Minuten, je nach Alter, sollte eine Spiel- oder Erholungspause eingelegt werden. Kinder erhitzen schneller und kühlen schneller aus. Trinken und Essen sind deshalb besonders wichtig. Damit tanken die Kinder Kraft für den nächsten Abschnitt.
Wer in den Bergen mit Kindern wandert, sollte sie auf die Gefahren in der Natur aufmerksam machen. Verbote und Regeln bringen da in den meisten Fällen weniger als eine gute Erklärung. Kinder, die die Natur zu verstehen lernen, sind von sich aus vorsichtiger, aber auch leichter von ihr zu faszinieren. Vor allem schmale Pfade begeistern Kinder mehr als ausgetretene Forstwege. Ist das Unterholz dicht, werden die Sonnenstrahlen durch das Laub gebrochen und gedämpft - dann können sich Kinder in eine geheimnisvolle Welt phantasieren, sich Geschichten ausdenken. So wird aus der Wanderung ein Abenteuer.
Die kleinen Helfer
Grundsätzlich gilt: Mit Kindern unter sechs Jahren sollte man nicht länger als drei bis vier Stunden unterwegs sein. Ab dem Grundschulalter können sie je nach persönlicher Kondition bereits bis zu fünf Stunden wandern. Ab einem Alter von zehn Jahren sind Kinder kräftig und ausdauernd genug, um Tageswanderungen zu machen. Auch Hüttenwanderungen mit Übernachtungen sind dann mit ihnen möglich. Gerade die Nacht auf dem Berg ist oft ein Erlebnis, von dem sie noch lange zehren.
Auch wir sind schließlich auf dem Berg angekommen. Der letzte Streckenabschnitt war wie gemacht für die Fünfjährige. Ein enger Pfad durch Lorbeer-, Wacholdersträuche und Zedern schlängelte sich auf roter Erde zum Gipfel hinauf. Wir Großen mussten uns ständig bücken, sie sprang munter wie eine Bergziege nach oben. Dort leuchteten ihre Augen, vor lauter Stolz, es geschafft zu haben, aber vor allem wegen des selbst gebastelten Wanderordens, den sie bekam. Und nach dem Abstieg gab es noch ein großes Eis. Diese kleinen Helfer haben sich Kinder, die wandern, verdient.