Das Urteil des Bielefelder Gerichts, welches Mitarbeitern von diakonischen Einrichtungen das Streikrecht abspricht, ist ein Skandal! Wenn die Kirche auf ihr Selbstbestimmungsrecht pocht, dann bekundet sie damit, dass sie sich nicht als Teil dieser Gesellschaft versteht, sich außerhalb der Gesetze, Regeln und Bestimmungen dieses Staates stellt und somit diese bricht. Einen solchen Zustand können der Staat und seine Dienste nicht dulden. So gesehen ist das Urteil, im strengen Sinne, rechtswidrig und kann von daher in der nächst höheren Instanz nur aufgehoben werden.Wohin das kirchliche Selbstbestimmungsrecht führen kann, wird beispielhaft deutlich, wenn man sich die zurzeit massenhaft ans Licht kommenden Missbrauchsfälle an kirchlichen Internatsschulen z.B. vor Augen führt. Die hehren Werte, welche die Kirche gerne herausstellt, sind nichts anderes als hohle Phrasen, wenn sie ihre Angestellten wie Menschen zweiter und manchmal auch dritter Klasse behandelt. Das Streikrecht ist allgemein gültiges Recht in diesem Lande und dient dem Ausgleich des Kräfteverhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und -interessen gegenüber den Arbeitgebern. Es hat laut den Rechten aller Bürger, bzw. aller lohnabhängig Beschäftigten in diesem Land, auch für die Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen Gültigkeit zu haben. Die Diskriminierung von Angestellten der Diakonie im Allgemeinen und von ver.di-Mitgliedern im Besonderen muss ein Ende haben.

ver.di Betriebsgruppe, Diakonische Stiftung Wittekindshof, Bad Oeynhausen


Mehr ver.di PUBLIK

Was ist der Hintergrund meiner Aufforderung, nicht nur mir, sondern allen engagierten Mitgliedern, zusätzliche Exemplare der ver.di PUBLIK zukommen zu lassen? In der Gegenwart sowie in den vergangenen 30 Jahren hat der Teil der Personen erschreckend zugenommen, der sich nicht um ein Bewusstsein der geschichtlichen Errungenschaften der Gewerkschaften bemüht. Eine alltägliche Erfahrung an meinem Arbeitsplatz. In der Schule werden kaum gewerkschaftliche Inhalte vermittelt.Und dann gibt es den mächtigen Personenkreis, der durch vorenthaltene Inhalte und Eigeninteresse dafür sorgt, dass die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung und die Bedeutung des Kampfes um menschliche Arbeitsbedingungen in der Gegenwart mehr und mehr in den Hintergrund ihrer Publikationen und Reden gestellt wird. Um diesem etwas entgegenzusetzen, finanzieren wir Mitglieder unter anderem ein kompetentes Publik-Team. Engagierte Mitglieder der Gewerkschaft verfügen über das Potential, mit einer Anzahl von etwa zehn Ausgaben an ihrem Arbeitsplatz, einen kleinen, nicht zu unterschätzenden Beitrag für die Aufrechterhaltung der Bedeutung der Gewerkschaft zu leisten.

Hartmut Budde, per E-Mail


"Und bist du nicht willig...", ver.di PUBLIK 1/2_2010

Zunächst bewerte ich als in einer Arge arbeitendes Mitglied euren Beitrag zur kritischen Berichterstattung, Sanktionen im SGB II betreffend, positiv.Da ich als koordinierender Fallmanager direkt im Jugendbereich unserer städteregionalen Arge vor Ort bin, möchte ich einige Dinge kurz erläutern: Hier ist kein einziger Fall bekannt, bei dem ein Hilfebezieher aufgrund geringfügigen Zuspätkommens sanktioniert wurde. Alleine schon aus arbeitsökonomischen Gründen wäre das unsinnig. Im Gegenteil, durch sein Erscheinen, wenn auch zu spät, weist er doch seine Motivation nach, zu kooperieren. Das dann noch zu sanktionieren, ist kontraproduktiv. Gerade im Jugendbereich, z.B. im Landesprogramm Jugend in Arbeit, achten wir auf ortsübliche und tarifliche Entlohnung. Da kann nicht von der Akzeptanz schlechtester Arbeitsbedingungen und niedrigster Löhne die Rede sein. Zur Kritik des Leipziger Peter Heller gebe ich für meine Kolleg/innen zurück, dass es keinem um Sanktionierung bis zum Umfallen geht. Die Arbeitswilligkeit vieler oder der meisten Kunden ist auch unbestritten. Dennoch stellen wir immer wieder fest, dass auch gute Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote abgelehnt werden. Die Kritik von Constanze Schein betreffend, ist sie tatsächlich falsch beraten worden. Es gibt eindeutige Regelungen nach § 45 SGB III (Vermittlungs-Budget), wonach Bewerbungskosten und auch Fahrtkosten zu Bewerbungsgesprächen abgerechnet werden können. In einer Großstadt wie Berlin dürfte es auf der Hand liegen, dass die Strecken nicht zu Fuß zu bewältigen sind. Dem Drohen mit einem Ein-Euro-Job liegt mit Sicherheit eine sehr unterschiedliche Handhabung der einzelnen Betreuer zugrunde. Wenn die berufliche Qualifikation und Arbeitspraxis eines Leistungsbeziehers nicht dem Niveau der Arbeitsgelegenheit entspricht, so hat der Fallmanager Alternativen anzubieten. Es geht um Passgenauigkeit, nicht um Repression. Dass das immer wieder passiert, ist mir nicht unbekannt.Immerhin aber handelt es sich um eine Eingliederungsvereinbarung, nicht um ein Diktat des Fallmanagers. In solchen Fällen sollte der Kunde sich an den entsprechenden Teamleiter wenden.Der Sanktionsmechanismus bei Jugendlichen ist nicht richtig dargestellt. Im U-25-Bereich gibt es nur Sanktionen bei Meldeversäumnissen (zehn Prozent) und 100 Prozent beim Verstoß gegen die Eingliederungsvereinbarung (z.B. Arbeitsangebot wird nicht wahrgenommen). Bevor die zuständige Fachkraft eine Sanktion durch den Leistungssachbearbeiter wirksam macht, muss zunächst eine Anhörung des Jugendlichen stattfinden, in der erläutert wird, wie es zu der Situation kam. Ohne diese Anhörung ist eine Sanktion rechtsunwirksam. Für unsere Arge kann ich behaupten, dass mit diesem Instrument sehr verantwortungsvoll umgegangen wird. Hinterfragen muss man die Intention des Gesetzgebers, der für die Argen Soll-Quoten vorschreibt, d.h. wieviele Sanktionen durchzuführen sind. An diesem Punkt wird nicht nach Qualität und Sinnhaftigkeit gefragt, sondern ausschließlich nach Quantität und Einsparpotentialen.

Frank Martin, Massnahmekoordination/Fallmanagement für Jugendliche unter 25 Jahren, ARGE, Aachen

Ich möchte mich an dieser Stelle für den sehr guten Artikel bedanken. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, wie schnell Sanktionen verhängt werden. Wie existenziell bedrohlich dieser Sanktionsmechanismus sein kann, möchte ich an folgendem Beispiel verdeutlichen. Im Januar geht ein Bescheid zu mit verminderter Leistung, Kürzung um 30 Prozent, sogenannte "1. Verfehlung", für den Zeitraum von drei Monaten. Im Februar geht wiederum ein Bescheid mit verminderter Leistung zu. Diesmal sind es 60 Prozent Kürzung, sogenannte "1. wiederholte Verfehlung", wiederum für drei Monate. Und jetzt kommt der Punkt. Für sich überschneidende Zeiträume, in diesem Fall Februar und März, können die Kürzungen addiert werden. D.h. die Kürzung beträgt im Februar 90 Prozent (30 + 60 Prozent) und auch im März 90 Prozent. Es bleiben also für den ganzen Monat 35,90 Euro. Ab April sind es dann wieder 60 Prozent. Deshalb halte ich das Bündnis für ein Sanktionsmoratorium und auch solche Artikel wie diesen für sehr wichtig.

Rudi Lenz, München


Zum Leserbrief von Wolfgang Isensee, ver.di PUBLIK 3_2010

Wann werden "Hartzer" als Menschen oder mindestens als Kunden wahrgenommen? In der März-Ausgabe nahmen ver.di-Mitglieder, die als Bedienstete in Jobcentern tätig sind, Stellung.Ich, ver.di-Mitglied und aktiv seit 48 Jahren, bin Mitbegründer einer Erwerbsloseninitiative, welche Menschen im wahrsten Sinne des Wortes an die Hand nimmt und sie zu JOBKomm begleitet. Wir können uns nicht über mangelnde Kundschaft beklagen, die uns die Politik von Rot-Grün und nun Schwarz-Gelb beschert. Der Wunsch, Opfer und nicht Täter zu sein, ist nachvollziehbar.Es werden auch nicht alle Kolleg/innen so respektlos und entwürdigend mit den Menschen umgehen, wie ich es in meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in der Erwerbsloseninitiative erlebe.

Es scheint sich die mediale Meinungsbildung von "Faulenzern" und "Leistungserschleichern" verfestigt zu haben, obwohl Zahlen diesbezüglich ganz andere Aussagen haben. Wir als Initiative fordern konkret von der JOBKomm Qualifizierung ihrer Beschäftigten, inhaltlich und im Umgang mit Menschen. Hier ist das Geld besser angelegt als in sinnlosen Maßnahmen für Hartz-IV-Bezieher/innen. Die Beschäftigten sollten durch Mitgliedschaft und Aktivitäten, Gewerkschaft in diese Betriebe bringen und über Personal-und Betriebsräte ihre Qualifizierung und Einstellungen einfordern. Darüber hinaus schadet es nicht, gesellschaftspolitische Seminare von ver.di gemeinsam mit "Hartzer/innen"zu besuchen, um das Thema auch politisch zu betrachten und zu bewerten.

Heinrich Etling, per E-Mail

Leserbriefe sind unheimlich interessant und aufschlussreich für mich. Etwas aus der Fassung bringen mich immer die Aussagen von den Mitarbeitern der Jobcenter: Wir haben immer Recht und die anderen sind faul. Mir kann man kein X für ein U vormachen.Es steckt einfach die Absicht dahinter, die Leute in ihrer Not auszunutzen,wenn man sie für einen Hungerlohn arbeiten lässt. So etwas gab es nicht mal in der DDR.

Michael Hellmuth, Berlin


Wir freuen uns über jeden Leserbrief. Leider können wir nicht alle Briefe, die uns erreichen, veröffentlichen. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Leserbriefe geben nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. ver.di publik Leserbriefe 10112 Berlin, Fax 030 / 6956-3012, E-Mail: leserbriefe@verdi.de