Ausgabe 05/2010
Der Fluch der Schuldenbremse
Stellenabbau und Sparpolitik gefährden auch den Küstenschutz in Niedersachsen
Die öffentlichen Kassen sind leer, doch das nicht nur infolge der Finanzmarktkrise. Bund und Länder haben auch selbst zu dieser Lage beigetragen – durch die Einführung der so genannten Schuldenbremse und die Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz, mit dem vor allem die FDP ihre Klientel wie etwa Hoteliers und Besserverdienende mit Steuerentlastungen segnet. Auf die Landesbediensteten in Niedersachsen und Bremen kommen dagegen erneut Belastungen zu.
Beschleunigte Mehrbelastung
So haben Niedersachsens Landesregierung und der Bremer Senat einschneidende Sparbeschlüsse und den Abbau von insgesamt 2 500 Stellen im öffentlichen Dienst angekündigt. Niedersachsen will unter dem Deckmantel der "Verwaltungsmodernisierung" bis zum Jahr 2015 rund 1 500 Stellen im öffentlichen Dienst einsparen. Betroffen sind vor allem die Ministerien Inneres, Sport und Integration (minus 325 Stellen), Finanzen (300) und Justiz (200). Hinzu kommt, dass alle Ressorts ihre Gesamtausgaben um zwei Prozent reduzieren müssen. "Die Landesbeschäftigten haben bereits in den vergangenen fünf Jahren einen gigantischen Personalabbau von rund 7 000 Stellen hinnehmen müssen. Seit 1995 sind sogar 20 000 von 60 000 Arbeitsplätzen verloren gegangen," sagt die stellvertretende ver.di-Landesleiterin Susanne Kremer. Und: "Allein die Mehrbelastung aus dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz trifft Niedersachsen jährlich mit 130 Millionen Euro. Davon hätte man gut die jetzt zur Disposition gestellten 1 500 Stellen finanzieren können." In Bremen sieht es ähnlich dramatisch aus: Rund 950 Stellen will der Senat nicht wieder besetzen. Dabei hat der Stadtstaat innerhalb von 15 Jahren schon 5 000 Vollzeitstellen gestrichen. Die "Kaputtsparstrategie" (siehe Interview) beinhaltet zudem die Einsparung von 100 Millionen Euro jährlich bis 2018, um dann 2020 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzuweisen und die Vorgaben der so genannten Schuldenbremse zu erfüllen.
Hochwasserschutz in Gefahr
Die ersten Auswirkungen des Sparkurses hat schon der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zu spüren bekommen. Trotz bereits erfolgtem Personalabbau um 30 Prozent soll weiter gekürzt werden. In einem offenen Brief an die Landtagsabgeordneten hat sich ver.di für den Erhalt des NLWKN eingesetzt. "Der Landesbetrieb hat sich betriebswirtschaftlich bewährt und arbeitet erfolgreich. Er finanziert mehr als 200 Mitarbeiter aus eigenen Erlösen und entlastet so die Landeskasse beträchtlich", heißt es da. Der Landesrechnungshof selbst habe vor überzogenem Personalabbau gewarnt, vor allem bei Betrieb und Unterhaltung der Hochwasserschutzanlagen. Erneut ist überdies die Privatisierung von Landesaufgaben zu befürchten. Susanne Kremer setzt dagegen: "Gerade in Krisenzeiten appellieren wir an die Landesregierung und ihre Verantwortung, für Beschäftigungssicherung zu sorgen. Wer jetzt auf Kosten der Arbeitnehmer versucht, den Landeshaushalt zu sanieren, und sich nicht um mehr Steuereinnahmen bemüht, zum Beispiel durch Erhöhung der Vermögens- und Erbschaftssteuer, der handelt politisch fahrlässig."