Ausgabe 05/2010
Sonst ändert sich gar nichts
Seit vielen Jahren zeichnet sich bei den Volks- und Raiffeisenbanken in den neuen Bundesländern ein Trend ab, der von der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen wurde: der Ausstieg aus dem Arbeitgeberverband und der damit verbundene Wegfall der Tarifbindung. In den drei Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind insgesamt 55 Genossenschaftsbanken mit Hauptsitz tätig, wobei nur noch knapp ein Dutzend an den Branchentarifvertrag gebunden sind. Alle anderen sind teilweise schon seit 10 bis 15 Jahren tariflos.
Ohne ver.di weniger Geld
In dieser Zeit stagnierten die Gehälter oder sanken in einigen Fällen sogar noch, so dass mittlerweile eine Vielzahl von Beschäftigten ein Gehalt von bis zu 30 Prozent unterhalb des derzeitigen Tarifniveaus erhält.
Obwohl die meisten der hier ansässigen Volks- und Raiffeisenbanken zwischen 40 und 100 Beschäftigten hat, gibt es in vielen Betrieben noch nicht einmal einen Betriebsrat. Gerade in den ländlichen Regionen ist die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes groß, dort organisieren sich die Beschäftigten nur sehr zögerlich in ver.di.
Das will eine Initiative des Fachbereiches Finanzdienstleistungen in unserem Landesbezirk nun ändern. Sylvia Petzold, Betriebsrätin und Tarifkommissionsmitglied in der VR Bank Muldental, ist selbst in einer tarifgebundenen Bank tätig. Für die Bankerin muss der Teufelskreis aus nicht organisierten Beschäftigten, die deshalb keine Tarifbindung erreichen können, und der daraus folgenden Demotivation und Frustration, die oftmals Betriebsratswahlen behindern, durchbrochen werden. "Wir müssen den Betroffenen helfen, sich zu organisieren, zu informieren und selbst zu helfen, sonst ändert sich gar nichts. Und die Genossenschaftsbanken verlieren auf Dauer ihre guten und motivierten Mitarbeiter/innen, die anderswo besser verdienen können", sagt Sylvia Petzold.
Ende der Tarifflucht
Das Team des Fachbereiches will nun mit offenen Mitgliederversammlungen, Tarifinitiativen und Werbung für Betriebsräte erreichen, dass sich die Arbeitsbedingungen in den Genossenschaftsbanken verbessern und Tarifverträge durchgesetzt werden können. "Es wird eine lange und arbeitsintensive Aufgabe, dies zu erreichen", beschreibt Stefan Wittmann, der zuständige Fachbereichsleiter, die Situation. "Aber ver.di kann auf Dauer nicht zulassen, dass Beschäftigte ganzer Bundesländer in bestimmten Branchen ohne Tarifbindung arbeiten müssen."