Höchste Eisenbahn

50 Jahre Jim Knopf | Zum Geburtstag wird man nicht eingeladen, da geht man hin. Als Klassiker der Kinderliteratur gehört Jim Knopf dabei zu den beneidenswerten Geschöpfen, die auch in ihrem fünfzigsten Lebensjahr keinerlei Gebrauchsspuren zu beklagen haben. 1960 war Thienemann der einzige Verlag, der die Geschichte von Michael Ende kaufen wollte, zwölf andere hatten abgelehnt. Also feiert der Verlag nun seinen jugendlichen Mut; zwei neue Bücher gibt es eigens zum Jubiläum: Das Bilderbuch Alles Gute zum Geburtstag, Jim Knopf! und Jim Knopf findet's raus zum Vor- und Selberlesen. Beide füllen auf charmante Weise Wissenslücken und beantworten Kinderfragen, die sich aus dem Abenteuer des kleinen schwarzen Jungen ergeben, der mit der Paketpost versehentlich auf Lummerland gelandet ist. Zum Beispiel Jims fünfter Geburtstag. War da vielleicht jemand von uns und hat von Frau Waas’ Kuchen probiert? Fast alle schauen zum Gratulieren vorbei, selbst Nepomuk der Drache erscheint. Nur der Scheinriese Herr Tur Tur ist verhindert, schickt aber einen Brief in Schönschrift. Höhepunkt der Sause ist eine gemeinsame Fahrt auf Lok Emma quer über die ganze kleine Insel und ein Kuss.Mit Jim Knopf findet's raus gibt es für die Insider, die immer hinter die geheimnisvollen Dinge sehen wollen, „Lummerlandwissen für Groß und Klein“. Werden Fische müde? Was geschieht eigentlich, wenn man träumt? 24 Geschichten rund um Jims Lebenswelten, auch um die Liebe geht es und was die Post auch noch damit zu tun hat. Welche Blüten die Knopf-Lektüre bei Erwachsene treiben kann, zeigt Dr. König, der im Internet die Seite Dr. Königs Märklin Digital Page betreibt. Der Hobby-Eisenbahner hat das Lummerland-Schienennetz nach gründlichem Studium aller Puppenkisten-Folgen nachgezeichnet, und konnte so den Fernsehmachern gravierende Fehler in der Darstellung nachweisen: So wie die Weichen liegen, wäre Lukas der Lokomotivführer in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Der hätte sich dann natürlich zuerst an ver.di gewandt, um für ein fehlerfreies, staatliches Streckennetz zu kämpfen. Jenny Mansch

ALLE VERÖFFENTLICHUNGEN ZU JIM KNOPF IM THIENEMANN-VERLA


Anja Meier: Die Pubertistin | Nee, es ist gar nicht witzig, wenn du Mutter einer 15-Jährigen bist. Die Pubertistin will uns das vermitteln. Und zwar möglichst witzig. Die taz-Kolumnistin, die mit ihrem abschätzigen Blick auf graugelockte Spätgebärende unlängst für Wut und Wirbel sorgte, greift sich ihr Kind als Forschungsobjekt und seziert kapitelweise Freundeskreis, Aussehen, Essgewohnheiten und Verhalten der „Einssechzigblondine“, die eigentlich ein ganz normaler Teenager ist. Mit scharfer Ironie schnippelt sie sich durchs Dasein ihrer Tochter und der Familie – und wie ein blondiertes Haar unterm Mikroskop kriegt das Mädchen etwas Monströses. Dabei ist es die Mutter, die mit zwei Heranwachsenden samt Mann ins Berliner Umland gezogen ist und sich nun über die permanente Maulerei beschwert. Nicht clever sind auch die Seitenhiebe auf alleinerziehende Mütter und das Wohnen in hauptstädtischen „Problemvierteln“. Freunde des sarkastischen Hauen und Stechens mag das Buch erfreuen. Ich geb’s einstweilen weiter an meine 16-Jährige Nichte aus Neukölln. Mal sehen, ob die das witzig findet. hik

BAUMHAUS VERLAG, KÖLN 2009, 10 €


Eva Maaser: Die Rückkehr des Moorkönigs | Eva Maaser legt einen akribisch recherchierten Roman mit politischem Zeitbezug vor: Die Rückkehr des Moorkönigs (der Vorgänger Der Moorkönig erschien 2007, seine Lektüre ist zum Verständnis nicht notwendig und macht auch hinterher Spass) spielt um 1830 im Münsterland und hat alles, was man zum Schmökern am Strand braucht: Grausige Morde, dunkle Familiengeheimnisse, viel Zeitkolorit und einen verhassten Außenseiter, eben jenem Moorkönig, der mit seinem „zweiten Gesicht“ Furcht bei seinen Mitmenschen auslöst. Es geht um historisch verbürgte Kämpfe um Land- und Bauernrechte. Die Geschichte ist äußerst farbig geschrieben, zudem sehr spannend; die Menschen fühlen und handeln so, wie wir uns ihren Charakter im frühen 19. Jahrhundert vorstellen, und auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Die Autorin übrigens ist NRW-Landesvorsitzende der Fachgruppe Literatur in ver.di und eine der wenigen erfolgreichen Autorinnen, die engagierte Gewerkschafterinnen bleiben. ul

RÜTTEN & LOENING IM AUFBAU VERLAG, 297 S., 16,95 €


Nicola Keegan: Schwimmen | Philomena flüchtet ins Schwimmen, ins Wasser, vor dem Leben, vor dem Kummer. Das Mädchen aus Kansas wird zur „Ausnahmeathletin“, die ertrinken müsste, wenn sie mit allen Goldmedaillen um den Hals ins Schwimmbecken springen würde. So bringt ihr Trainer den Erfolg auf den Punkt. Doch als die Sportlerin gezwungen ist, das Schwimmen aufzugeben, kommt sie mit dem Leben an Land nicht zurecht. Der Erfolg hat nichts geändert. Sie muss sich dem stellen, wovor sie flüchtete, in das andere Element und in die Leistung. Die Frage ihrer Schwester: „Also gibt es nur Schwimmen oder gar nichts?“, kann Philomena lange nicht beantworten. Nicola Keegan lässt uns auf 500 wortmächtigen Seiten atemlos eintauchen in die Welt einer jungen Frau, die erst spät lernt, dem Leben zu vertrauen. klix

ROWOHLT, Ü: B. ROBBEN, 476 S., 19,95 €