Medizinische Versorgung als Geschäft: Besserverdienende profitieren

Für mehr Solidarität im Gesundheitswesen hat sich in Niedersachsen das "Bündnis gegen eine Kopfpauschale" formiert, das mit neun Verbänden mehr als eine Million Mitglieder und Betroffene repräsentiert. Das breite Bündnis fordert: Die schwarz-gelbe Gesundheitsreform muss gestoppt werden!

Zusammengeschlossen haben sich die Arbeiterwohlfahrt, der DGB, die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben e.V., die Katholische Arbeitnehmerbewegung Osnabrück, die Naturfreunde Niedersachsen und ihr Jugendverband, der Sozialverband Deutschland, der Verband Alleinerziehender Mütter und Väter sowie ver.di Niedersachsen-Bremen.

Nach Ansicht der Verbände gleicht die Gesundheitsreform einem Raubzug durch die Geldbeutel der gesetzlich Krankenversicherten. Allein durch die unterschiedlich hohen Beitragssätze für Arbeitgeber (7,3 Prozent) und Arbeitnehmer (8,2 Prozent) zahlen die Versicherten rund 9 Milliarden Euro mehr in die Kassen ein.

Ungerecht, unsozial, instabil

"Röslers sogenannte Gesundheitsreform ist keine Reform, sondern Gesundheitsmurks", kritisiert die stellvertretende ver.di-Landesleiterin Susanne Kremer. Der Regierungsbeschluss von CDU/CSU und FDP sei ungerecht, unsozial und instabil; der Einstieg in die Kopfpauschale programmiert, so Kremer. Die entlarve sich erneut als Partei der Besserverdienenden, und Merkel mache sich zu deren Handlanger. Steigende Zusatzbeiträge belasteten vor allem Arbeitnehmer, Niedriglöhner, Rentner/innen und Studierende. Damit mache Schwarz-Gelb den Weg frei, über Zusatzbeiträge steigende Kosten im Gesundheitswesen künftig allein von den Schwächeren tragen zu lassen. Röslers Rechnung, die Lasten in etwa gleich zu verteilen, gehe allenfalls 2011 auf, um das erwartete Defizit von 11 Milliarden Euro zu decken.

ver.di-Landesvize Susanne Kremer macht folgende Rechnung auf: 6 Milliarden Euro aus der Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Ärzte, Kliniken, Pharmaindustrie und-handel werden in diesem Jahr mit 3,5 Milliarden Euro zur Kasse gebeten - was nicht mehr als ein Symbolbetrag ist. Der Bund zahlt einen außerordentlichen Zuschuss von zwei Milliarden Euro. Das Defizit für 2011 sei damit annähernd gedeckt.

Nur Versicherte zahlen

Auf mittlere Sicht jedoch werden nach Bundesgesundheitsminister Röslers Plänen vor allem die Versicherten zur Kasse gebeten, sie müssen in Zukunft den Ausgabenanstieg allein über die neue Kopfpauschale finanzieren, während der Arbeitgeberbeitrag bei 7,3 Prozent eingefroren werden soll. Im nächsten Jahr beträgt die Kopfpauschale maximal 37,50 Euro im Monat und wird voraussichtlich auf 84 Euro pro Monat im Jahr 2020 ansteigen.

Das Bündnis fordert einen sofortigen Stopp der sogenannten Reform und erwartet von der Landesregierung, die Pläne im Bundesrat zu verhindern, um auch die Menschen in Niedersachsen vor dem Abkassieren zu schützen. "Machen Sie Ihren Einfluss im Bundesrat geltend und stimmen Sie gegen Gesetze, die der solidarischen Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entgegenstehen. Setzen Sie sich für mehr Solidarität ein!", heißt es in dem Appell.