Petra Gerstenkorn ist im ver.di-Bundesvorstand u.a. zuständig für den Bereich Bildung

ver.di PUBLIK | Die schwarz- gelbe Bundesregierung hat es abgelehnt, den Tarifvertrag für die Weiterbildungsbranche für allgemeinverbindlich zu erklären. Was bedeutet das für die Beschäftigten der Branche?

Petra Gerstenkorn | Das bedeutet, dass sie zum Teil weiterhin auf einem sehr niedrigen Lohnniveau arbeiten werden. Es gibt Träger, die auf Basis von Dumpinglöhnen Bildungsmaßnahmen einwerben beziehungsweise sich an Ausschreibungen beteiligen. Es wird daher weiterhin Druck auf die Haustarifverträge geben, die wir mit den großen Unternehmen haben. Und wir werden weiterhin erleben, dass pädagogisch ausgebildeten Menschen Löhne um die 1000 Euro brutto als Einstiegsgehalt angeboten werden, insbesondere in den neuen Bundesländern.

ver.di PUBLIK | Der nunmehr abgelehnte Mindestlohn hätte für Beschäftigte in der Verwaltung 9,53 Euro (Ost) und 10,71 (West) betragen und für pädagogische Fachkräfte mindestens 10,53 Euro (Ost) und 12,28 (West). Nicht eben viel für eine hochqualifizierte Tätigkeit. Wie weit werden diese Löhne im Schnitt unterschritten?

Gerstenkorn | Wir haben eine ziemlich breite Spreizung. Da, wo wir noch Haustarifverträge haben, werden pädagogische Fachkräfte auch relativ gut bezahlt, das heißt ihre Gehälter liegen bei 2600 bis 3000 Euro brutto. Nach der Krise in der Weiterbildung, die ja seinerzeit durch die Hartz-Reformen ausgelöst wurde, als Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen um etliches heruntergefahren und gekürzt wurden, zahlen tarifungebundene Arbeitgeber für gleiche Tätigkeiten 1500 Euro brutto. Aber wir wissen, dass insbesondere in den neuen Bundesländern auch Anfangsgehälter von 1000 oder 1100 Euro brutto gezahlt werden - das entspricht nicht einmal einem Mindestlohn von 7,50 Euro die Stunde. Und das sind leider nicht nur einige wenige Ausnahmen.

ver.di PUBLIK | Einen Branchenmindestlohn für die Weiterbildung wird es nun nicht geben, die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags ist abgelehnt. Was kann man denn jetzt noch tun?

Gerstenkorn | Ganz vorrangig ist es jetzt für uns, dass wir verstärkt versuchen, Haustarifverträge abzuschließen. Das ist auch schon in der Vorbereitung, weil wir ja immer die Möglichkeit einbeziehen mussten, dass der Mindestlohn schließlich doch nicht kommen würde. Es gab also bereits Tarifkonferenzen, die auch insbesondere in Thüringen und in Sachsen-Anhalt und in Sachsen recht gut besucht waren. Wir diskutieren mit den Kolleginnen und Kollegen die Situation - und darüber, dass es jetzt nur noch den Weg gibt, ihre Arbeit über Haustarifverträge abzusichern. Aber dafür brauchen wir unbedingt die Bereitschaft der Beschäftigten, sich auch für solche Haustarifverträge zu engagieren.

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