Ausgabe 10/2010
Nicht mehr handlungsfähig
Dramatische Steuerausfälle, chronische Unterfinanzierung bei wachsenden Pflichtausgaben: Den niedersächsischen Kommunen droht der Finanzkollaps. Deshalb haben Gewerkschaften, Bürgermeister und Landräte in einem dramatischen Appell an Bund und Land eine gerechte Lastenverteilung gefordert - einen "Rettungsschirm", um die Handlungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und Landkreisen zu erhalten.
Voraussichtlich werden in diesem Jahr nahezu drei Viertel der Kommunen im Land ihre Haushalte nicht ausgleichen können. Bereits im letzten Jahr mussten die Kämmerer Finanzdefizite von 860 Millionen Euro verzeichnen. Bis 2013 werden bundesweit sogar kommunale Einnahmeausfälle von insgesamt 10,9 Milliarden Euro vorausgesagt: Folgen der Finanzmarktkrise, aber auch des so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes des Bundes. Dagegen rechnen Bund und Länder schon 2010 mit höheren Steuereinnahmen.
Planbare Einnahmen
Gewerkschafter wie ver.di-Landesleiter Siegfried Sauer und DGB-Bezirkschef Hartmut Tölle drängen deshalb gemeinsam mit den Oberbürgermeistern aus Lüneburg und Hannover, Ulrich Mädge und Stephan Weil (beide SPD), die niedersächsische Landesregierung zu einem Kurswechsel. Schulversorgung, Kita-Betrieb und Straßenbau als kommunale Basisdienstleistungen können nicht länger durch schwindende Einnahmen finanziert werden. Die 18 Erstunterzeichner des Appells fordern planbare Einnahmen für die Gemeinden und lehnen weitere Aufgaben ohne Gegenfinanzierung ab. Motto: Nur gesunde Kommunalhaushalte garantieren gute öffentliche Dienstleistungen.
Als Voraussetzung dafür müsse das Land für alle Kommunen in extremer Finanznotlage Zins- und Tilgungshilfen leisten. Der Bund habe sich an den Kosten für soziale Leistungen, insbesondere der Wohnungen für Langzeitarbeitslose oder der Grundsicherung im Alter zu beteiligen. Finanzielle Grundlage der Handlungsfähigkeit sei der Ausbau der Gewerbesteuer zu einer stabilen kommunalen Wirtschaftssteuer, in die dann ausnahmslos alle Gewerbebetriebe, Selbstständige und Freiberufler einbezogen werden müssen.
Bitte unterschreiben!
Ein zusätzliches kommunales Investitionsprogramm für Bildung, Umweltschutz, Gesundheitsversorgung sowie für Verkehrs- und Infrastruktur schaffe Arbeit und fördere die Binnenkonjunktur. Grundsätzlich haben die Kommunen kein Ausgabe-, sondern ein Einnahmeproblem. Zu den möglichen Einnahmequellen zählen eine einmalige Vermögensabgabe und eine neuerliche Vermögenssteuer mit einem Freibetrag von 500000 Euro; die Erhöhung des Spitzensteuersatzes; eine höhere Erbschaftssteuer sowie die Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer und einer Börsenumsatzsteuer in Deutschland.
Auch in Bremen haben ver.di-Vertreter mit Vertretern des Bremer Senats eine Erklärung gleichen Inhalts unterzeichnet. Für beide "Rettungsschirm"-Erklärungen sollen nun bis Mitte November möglichst viele Unterschriften gesammelt werden.
Mehr Infos unter www.nds-bremen.verdi.de