Ausgabe 11/2010
Echt bedient
PETRA WELZEL ist Redakteurin der ver.di PUBLIK
Der Aufschrei war wohl zu groß: Die schwarz-gelbe Bundesregierung will Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld streichen. Aber damit dieser Posten im Sparpaket nun nicht ganz so ungerecht daherkommt, will die Regierungskoalition jetzt auch den Reichen das Elterngeld streichen. Reich sind diejenigen Ledigen, die 250000 Euro im Jahr verdienen, und diejenigen Ehepaare, die 500000 Euro versteuern. Sie sind auch die, die den Spitzensteuersatz von 45 Prozent zahlen müssen, die so genannte Reichensteuer. Die Schwarz-Gelben verbuchen ihre Korrektur beim Elterngeld deshalb als ausgleichende Gerechtigkeit.
Allerdings hat das Ganze wieder einmal rein gar nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Man darf ja mal fragen, warum eine Spitzenverdienerin mit 249999 Euro im Jahr weiterhin Elterngeld bekommen wird, oder ein Paar mit einem Einkommen von 499999 Euro? Und man darf auch fragen, warum Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld jetzt nicht wieder zugestanden wird? Schließlich bekommen sie bisher lediglich den untersten Satz von 300 Euro im Monat, während die Reichen 1800 Euro erhalten. Die Antwort ist relativ banal: Noch immer steuern die Hartz-IVler durch die Streichung bei ihnen 400 Millionen zum Sparpaket bei, während bei den nach Schätzungen 2000 betroffenen Reichen nur zehn Millionen zusammen kommen werden.
Unter dem Deckmäntelchen der Gerechtigkeit verkaufen die Bundeskanzlerin und ihre Kumpanen "die Menschen in diesem Land", wie Angela Merkel so gerne sagt, wieder einmal für blöd. Jede und jeder kann sich ausrechnen, dass es die Spitzenverdiener in keiner Weise berühren wird, ob sie Elterngeld bekommen oder nicht. Merkel hat sie längst auf andere Weise bestens bedient: Die Reichen verdienen ihr Geld nämlich bei den Banken und Großkonzernen in diesem Land, die dank üppiger Rettungsgelder und Steuergeschenke die Reichen durch noch höhere Gewinnausschüttungen noch reicher machen werden. Armes Deutschland.