Mor Karbasi: Daughter of the Spring | Sie singt vorzugsweise in Ladino, der Sprache der spanischen Juden, die dort Seite an Seite mit den arabischen Herrschern lebten, bis im Jahr 1492 die christlichen Eroberer dem mittelalterlichen Multikulti in Al Andalus ein Ende setzten. Ladino, eine Art Judeo-Spanisch, versetzt mit Ausdrücken aus dem Hebräischen, ist für Mor Karbasi keine tote Sprache. Sie stellt sie in einen modernen Kontext aus überlieferten Liedern und selbstkomponierten Songs. 1986 in Jerusalem geboren, ist Karbasi selbst Nachfahrin marokkanischer Juden, die auf die spanischen Exil-Juden zurückgehen. Flamenco, lateinamerikanische Rhythmen, Texte auch in Hebräisch, all dies präsentiert die israelische Sängerin mit ihrer Akustik-Band mediterran leicht und vollkommen selbstverständlich. Deshalb folgt man ihr auch gern in musikalisch entlegenere Gebiete wie andalusische Musik aus Nordafrika. So wichtig ihr die Tradition ist, so sehr ist Karbasis Musik ein leidenschaftliches Plädoyer für kulturelle Vielfalt und Respekt vor dem Fremden. rix

CD, LE CHANT DU MONDE


Joss Stone: LP1 | Joss Stone war bereits als Teenager mit einer Ausdruckskraft gesegnet, die aus dem Leid der Welt geboren war. Kürzlich hat die Engländerin ihren 24. Geburtstag gefeiert, und man kann nur hoffen, sie hat nicht all die Erfahrungen nachgeholt, mit denen ihre Stimme immer schon gepflastert schien. Tatsächlich scheint sie auf LP1, ihrem ersten Album auf dem eigenen Label Stone’d Records, sogar den Rückwärtsgang einzulegen: Über gut abgehangenem Bluesrock und Soulpop, der unter der Regie von Ex-Eurythmics-Kopf Dave Stewart in Nashville mit dortigen Studiogrößen eingespielt wurde, singt Stone zwar immer noch wie eine Mischung aus Janis Joplin und Aretha Franklin. Dabei strapaziert sie ihre Stimmbänder allerdings lange nicht mehr so ausgiebig wie früher, die Selbstentäußerung muss diesmal ohne ausgiebiges Knödeln auskommen. Die Ironie dieser Weiterentwicklung: Nun, da Joss Stone einen weniger selbstverliebten, erwachseneren Umgang mit ihrer vor der Zeit gealterten Stimme pflegt, hört sie sich um einiges jugendlicher an – wenn auch noch lange nicht wie der Teenager, der sie wohl niemals sein durfte. to

CD, STONE’D/SURFDOG/SONY