Ausstellung | Ein Kind sitzt allein an einem großen, leeren Tisch. An einer Wand lehnt ein Fahrrad, vollgepackt und vollgehängt mit Tüten, in die Dinge des täglichen Bedarfs gestopft sind. Das Zuhause für 16 Jugendliche der Ludwig-Börne-Schule in Frankfurt sieht ziemlich trostlos aus. Wartet das Kind am Tisch aufs Essen oder ist es allein zuhaus? Und wem gehört das Fahrrad? Einem Sammler oder einer Frau, die auf der Straße lebt? Seit August 2011 haben sich die jugendlichen Schüler/innen der Ludwig-Börne-Schule im Museum für Moderne Kunst Frankfurt mit dem Thema Zuhause beschäftigt. Sie haben die Sammlung des Museums nach Objekten und Bildern durchforstet, die für sie so etwas wie Zuhause symbolisieren. Sie haben sich Gedanken darüber gemacht, wie sie die Kunstwerke in den Räumen des Museums präsentieren können. Haben einen eigenen Video-Guide produziert, der durch ihren Parcours leitet. Und auf einmal haben sie ihre eigene Ausstellung, die sich lohnt anzusehen. Seit Zelal, Alessandro, Florian, Laura, Tuana und elf ihrer Klassenkamerad/innen zur Schule gehen, hieß es immer nur, sie seien lernschwach. Die heute Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren haben es nie leicht gehabt in ihrer Schulzeit, sich oft durch den Unterricht gequält. Aber sie haben nicht aufgegeben. Und sie wurden nicht aufgegeben. Seit 2004 hat das Hessische Kultusministerium so genannte SchuB-Klassen eingerichtet, die insbesondere Schüler/innen mit Lernschwächen zum Hauptschulabschluss führen sollen. Zum zweiten Mal hat jetzt das Museum für Moderne Kunst diesen Schülern die Möglichkeit gegeben, eine eigene Ausstellung zu kuratieren und inszenieren. Und die jetzige Klasse zeigt, dass sie durchaus auch schnell lernen können. In nur vier Monaten haben die Schüler/innen in zahlreichen Stunden nicht nur eine in sich stimmige Auswahl an Werken getroffen, die ganz gewiss auch ihr eigenes Lebensgefühl spiegeln. Stefan Exlers chaotische Rauminstallationen stehen geradezu Pate für die Pubertät, in der sie alle noch stecken, in der alles drunter und drüber geht. Aber vielmehr noch haben die 16 bewiesen, dass sie Fähigkeiten haben, die bisher offenbar nur niemand abgefragt hat. Man wünscht ihrer Ausstellung nicht zuletzt deshalb viele Besucher/innen und ihnen selbst, dass sie jetzt so richtig durchstarten. Mit Kunst oder ohne Kunst. Petra Welzel

„ZUHAUSE“, MUSEUM FÜR MODERNE KUNST, FRANKFURT A. MAIN, DOMSTR. 10, 17. DEZEMBER 2011 BIS 25. MÄRZ 2012, DI-SO 10-18 UHR, MI 10-20 UHR


Otto Dix in Chemnitz | „Auf den Arsch setzen und malen“, lautete Otto Dix’ Maxime nicht nur im Schützengraben während des ersten Weltkrieges. Seit seiner Ausbildung bei einem Dekorationsmaler in seiner Heimatstadt Gera hat Dix Zeichenstift und Pinsel immer wieder gegeneinander ausgetauscht, aber nie fallen lassen. Auch nicht, nachdem die Nazis ihn als Professor an der Kunstakademie Dresden entließen und seine Kunst für entartet erklärten. Dix, der altmeisterlich begann, mit den Impressionisten und Expressionisten ein Stück gemeinsamen Weges experimentierte, genauso wie mit den Dadaisten, kehrt schließlich im Exil am Bodensee wieder zu den alten Meistern zurück. Nur die engen Freundschaften zu einem Unternehmer und einem Kinderarzt in Chemnitz ließen seinen Kontakt zur Heimat im Osten nicht abbrechen. Sie förderten ihn weiter und sammelten Teile seines Werkes, das jetzt den Grundstock für die Ausstellung zu seinem 120. Geburtstag ebendort legte. Sie zeigt Otto Dix vor allem als Realisten und still Anteil nehmenden Künstler. So, wie man ihn nur selten zu sehen bekommt. Petra Welzel

MUSEUM GUNZENHAUSER, FALKEPLATZ, CHEMNITZ, BIS 15. APRIL 2012, DI-SO 11-18 UHR