Armin Reller, Heike Holdinghausen: Wir konsumieren uns zu Tode | Ausgehend von einem Abendessen mit Freunden rollen die beiden Autoren die Herstellung verschiedener Alltagsgegenstände auf – vom Küchentisch über den Braten, der im Ofen schmurgelt, bis hin zum Handy, mit dem sich ein zu spät kommender Gast meldet. Oder die Herstellung von Platin: Um ein Gramm dieses Edelmetalls etwa für die Batterie eines Elektroautos zu gewinnen, müssen 2000 Kilogramm Erz gebrochen, gemahlen und chemisch aufbereitet werden, was in der Bilanz das Klima extrem belastet. Doch in dem Buch geht es nicht allein um Ökologie und Wirtschaft. Auch Geschichte und Technik der Rohstoffgewinnung und -verwendung werden verständlich dargestellt. Und ganz nebenbei erfahren die Leser auch noch, wie die Erdatmosphäre entstanden ist, oder dass die rote Farbe mittelalterlicher Fenster aus Nano-Goldpartikeln besteht. Das Buch macht überaus deutlich, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann: Schon heute leben und konsumieren wir so, als ob uns 1,4 Planeten zur Verfügung stünden. Annette Jensen

Westend-Verlag, 189 S., 12,99 €


Martin von Arndt: Oktoberplatz | Im Ungarischen wie im Russischen gibt’s kein „Haben“, worin sich zugleich das Verhältnis beider Völker zum Eigentum offenbart. Alles müsse immer in Bewegung sein, insbesondere Wodka, Geld und Liebe, sagt Großvater István und findet sturzbetrunken am Fuße der Kellertreppe den Tod. Seinem Enkel Wasil, dem ironisch-melancholischen Erzähler, hinterlässt er ein hübsches Sümmchen und drei ebensolche Töchter. Wasil richtet sein postsowjetisches Leben als Provisorium ein und lässt die drei jungen Tantchen kommen, wie sie wollen. Als es ihm zu bunt wird, beschließt er, das böse Tantchen aus dem Rein und Raus zu entfernen. Doch der Plan geht schief. Mit einer sehr feinen, eigenen Stimme entfaltet der Autor vor dem Hintergrund des politischen Wandels in Ungarn und Weißrussland eine prallvolle, tragikomische Familiengeschichte. Katja Hille

Klöpfer & Meyer 2012, 280 Seiten, 19,99 €


Norbert Leithold: Friedrich II. von Preußen | Viele Vorurteile, die über Friedrich den Großen in Umlauf sind, werden durch das vorgelegte „kulturgeschichtliche Panorama von A-Z“ abgearbeitet und durch Wissen im Detail ersetzt. In nüchternen wie unterhaltsamen Artikeln behandelt Norbert Leithold Schlagworte wie Feldbett oder Wäscherinnen ebenso wie Finanzkrise und Geheimdiplomatie. Dabei finden sich auch immer Vergleiche – amüsant, schockierend – mit anderen europäischen Königshäusern, die die Besonderheit von Friedrich II. klar machen. Seine Sparsamkeit etwa entstand aus einer für Monarchen damals unüblichen Haltung: „Er regierte Preußen wie ein auf Erfolg angewiesenes Familienunternehmen“, schreibt Leithold. Unter den zahlreichen Neuerscheinungen zum 300. Geburtstag des Königs besticht dieses Buch durch seinen freundlich aufklärenden, unsentimentalen Beitrag zur Erinnerung. Bettina Klix

Eichborn Verlag, Andere Bibliothek, Frankfurt/Main 2011, 436 S., mit zahlreichen Abbildungen, 32 €