Ausgabe 03/2012
Das ist unser Tag!
Benjamin Wermuth, München
Der 1. Mai ist für mich der allerhöchste Feiertag. Ich bin Krankenpfleger, und bei uns ist das nicht so untypisch, an Feiertagen zu arbeiten und eigentlich auch kein Problem. Aber am 1. Mai arbeite ich nicht, das ist mein Feiertag, den ich mit Gleichgesinnten, mit Freunden, mit Kolleg/innen verbringen möchte. Weil der 1. Mai unser Tag als lohnabhängig Beschäftigte ist. Weil dieser Grundgedanke der Solidarität, den ich für Gewerkschaften für ganz außergewöhnlich wichtig find‘, nie so lebendig ist wie an dem Tag. Wo es zumindest einmal für einen Tag völlig egal ist, dass wir aus unterschiedlichen Bereichen, Branchen, Betrieben kommen. Ich glaube, dass die Aufgaben der Arbeitnehmerbewegung im Moment einfach viel größer sind als je zuvor. Gerade für uns Beschäftigte ist es wichtig zu verstehen, dass wir alle zusammen, egal ob aus Deutschland, Griechenland, Spanien, völlig wurscht, dass wir diejenigen sind, die in den letzten Jahrzehnten keine Fehler gemacht haben. Weil wir jeden Tag zur Arbeit gegangen sind, weil wir unseren Job richtig gemacht haben. Sondern, dass es die Politik ist und dass es die Finanzmärkte sind, die ihren Job versaut haben. Gerade in diesem Jahr ist es ganz wichtig zu sagen: Wir stehen für die Rettung Griechenlands ein, wir stehen dafür ein, dass die Länder untereinander solidarisch sind. Wenn eine Bank too big too fail sein kann, dann ist jedes Land definitiv auch too big too fail. Dafür müssen wir dieses Jahr ein Zeichen setzen.
Isabel Hauschild, Berlin
Der 1. Mai ist der internationale Tag der Arbeiterbewegung, und dort haben alle Arbeitnehmer die Chance, für ihre Rechte einzustehen und Forderungen zu stellen, denn die werden uns nicht geschenkt. Forderungen zum Beispiel für höhere Löhne, geringere Arbeitszeit, soziale Sicherheit und Mitbestimmung. Und deswegen gehe ich auf die Straße. Die Gründe zum 1. Mai zu gehen, haben sich leider nicht sehr geändert. Wir gehen auf die Straße, um den Mindestlohn einzufordern, wir gehen auf die Straße für die Übernahme der Auszubildenden in unbefristete Arbeitsverhältnisse, in Vollzeit. Es gibt nach wie vor so viele Menschen, die arbeiten gehen und davon ihre Familie nicht ernähren können. Dazu kommt Lohndumping durch Leasingmissbrauch, da wird die ganze Nation verschleckert. Ja, die ganze Nation, es fängt schon in den kleinen Betrieben an. Wie viele Betriebe gründen Tochtergesellschaften, um den Lohn zu drücken? Wir gehen auf die Straße, um auch Familie und Beruf einmal vereinbaren zu können.
Ganjana Herbertz, Bremen
Ich gehe zum 1. Mai, weil ich es wichtig finde. Der 1. Mai ist historisch ein wichtiger Tag, und es ist super, sich am 1. Mai zu erinnern, was die Gewerkschaften schon alles erreicht haben. Kündigungsschutz, Tarifverträge, sehr viel halt. Und dann tausche ich mich am 1. Mai immer gern mit älteren Kollegen aus und höre, was sie schon alles in ihrer Gewerkschafterlaufbahn erreicht, was sie in Betrieben organisiert haben. Als ich klein war, bin ich immer mit meinen Eltern zum 1. Mai gegangen. Ich weiß noch, ich fand es immer langweilig und anstrengend. Oben auf dem Podest war so ein Typ, der hat viel erzählt, von Sachen, die mich nicht interessiert haben. Und jetzt ist der 1. Mai für mich als Gewerkschafterin mein persönliches Jubiläum.
Pierre Reyer, Duisburg
Ich finde es wichtig, grundsätzlich immer zum 1. Mai zu gehen, aber dieses Jahr ist es besonders wichtig, wegen unserem Motto soziale Gerechtigkeit. Und weil wir in Duisburg eine besondere Veranstaltung planen. Wir hatten zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst die Chuck Norris-Aktion: Nur Chuck Norris übernimmt sich selbst. Und wir wollen zeigen, was Chuck Norris bewirkt hat. Er kann nämlich alles. Und wir haben gesagt: Chuck Norris kriegt auch die unbefristete Übernahme, ist für ihn überhaupt kein Problem. Aber junge Menschen in den Betrieben müssen sich dafür organisieren, müssen Gewerkschaftsmitglied werden, damit die Gewerkschaft dann schlagkräftig auch für die jungen Menschen die unbefristete Übernahme einfordern kann.