Ausgabe 03/2012
Eine Stadt in Kinderhand
Die Bächle laufen mitten durch die Altstadt - zum Glück der Kinder
Bis zu den Knöcheln steht Hannes mit seinen Gummistiefeln im Matsch, umringt von einer kleinen Herde Ziegen. Der fünfjährige Junge aus der Großstadt schaut verunsichert, zum Glück ist seine große Schwester Mara nicht weit. Der macht es sichtlich Spaß, mit den Tieren auf Tuchfühlung zu gehen. Sie streichelt, füttert - und lauscht gespannt den Erklärungen des Pädagogen, der heute mit einer Schar Kindern auf dem Mundenhof in Freiburg unterwegs ist.
Es ist Dienstag Nachmittag und Baden-Württembergs größter Tierpark lädt Kinder zum Mitmachen ein. Das Mundenhofer Projekt Kontiki (Kontakt Tier-Kind) verfolgt seit vielen Jahren das Ziel, jungen Menschen unter fachkundiger Anleitung einen natürlichen und verantwortungsvollen Umgang mit Tieren zu vermitteln. Ein typisches Projekt für die Stadt Freiburg, Deutschlands Ökohauptstadt, wo Nachhaltigkeit und Umweltschutz groß geschrieben werden. Zu Hause kennen Hannes und Mara echte Tiere nur aus dem Zoo, und dass die Tiere dort in so kleinen Gehegen eingesperrt sind, finden sie einfach nur doof. Hier haben alle Tiere viel Platz und sind nicht nur zum Anschauen da.
Die beiden Kinder aus Berlin verbringen in diesem Sommer eine Woche ihrer Ferien in Freiburg. Und die Breisgaumetropole ist dafür bestens geeignet. Der Schwarzwald reicht bis in die Stadt hinein, das Wetter ist in "der nördlichsten Stadt Italiens", wie die Freiburger sagen, immer ein paar Grad wärmer als im Rest des Landes, und an Freizeitangeboten mangelt es nicht. Das wissen auch die vielen Millionen Besucher, die es jedes Jahr in die Stadt zieht. Günstige Hotelzimmer sind daher auch nicht immer leicht zu bekommen.
Die Stadt der kurzen Wege
Hannes, Mara und ihre Eltern haben sich frühzeitig um eine Ferienwohnung gekümmert. Sie wohnen im Stadtteil Wiehre, südlich der Innenstadt. Von hier kommt man überall gut hin, denn Freiburg ist bekannt als "die Stadt der kurzen Wege". Bevorzugtes Verkehrsmittel ist das Fahrrad, das man nicht mal mitbringen muss. Es gibt verschiedene Verleihstationen, wie zum Beispiel das "mobile" am Hauptbahnhof. Hannes und Mara finden es lustig, dass die Stadt voller Fahrradfahrer ist. Teilweise mussten schon Parkverbotszonen für die Drahtesel eingerichtet werden.
Mit der Höllenbahn zum Titisee
Die Innenstadt erkundet man aber am besten zu Fuß, alle Sehenswürdigkeiten, Cafés und Museen liegen nah beieinander. Besonders gut gefallen den Kindern die "Bächle", ein einzigartiges System von kleinen Kanälen, die die gesamte Altstadt durchziehen und im Mittelalter die Versorgung mit Lösch- und Nutzwasser sicherstellten. Heute kann man an heißen Tagen darin Bötchen fahren lassen und plantschen. Das Bächle vor dem Spielplatz am Augustinerplatz ist immer in Kinderhand. So ein Wasserlauf mitten in der Stadt, dazu in verkehrsberuhigter Zone, ist selten. Die Eltern setzen sich mit einem Kaffee auf die Stufen neben der alten Stadtmauer und schauen dem Treiben entspannt zu.
Überhaupt Wasser - davon gibt es in Freiburg reichlich. Ob Tretbootfahren auf dem Waldsee, am Sandfang in der flachen Dreisam waten oder in einem der vielen Freibäder baden - hier kommen Wasserratten voll auf ihre Kosten. Mit dem Lorettobad in der Wiehre verfügt Freiburg sogar über Deutschlands ältestes öffentliches Freibad. Und mit der Höllentalbahn kann man in nur 45 Minuten ins Badeparadies nach Titisee am Fuße des Feldbergs fahren, wo die Kinder im Wellenbad plantschen oder eine der vielen Rutschen für jedes Alter nutzen können.
Aber auch bei schlechtem Wetter gibt es in der Stadt einiges zu tun und zu sehen. Der Drittklässlerin Mara gefallen vor allem die Dioramen von historischen Schlachten in der Zinnfigurenklause. Nachdem die Kinder die Modelle der mittelalterlichen Stadt im Museum für Stadtgeschichte gesehen haben, gibt es kein Halten mehr. Was ist denn mit den Stadtmauern passiert? Wo ist die Festung auf dem Schlossberg heute? Warum hat es Jahrhunderte gedauert, bis das Münster fertig gebaut war? Was sind das für unheimliche Figuren und Wasserspeier am Münster? Einer zeigt sogar sein nacktes Hinterteil! Viele Fragen, die sich am besten mit einer der spannenden Führungen durchs Münster, auf den Schlossberg oder zu den alten Stadttoren beantworten lassen.
Mit der Gondel auf den Gipfel
So viel Geschichte braucht einen Ausgleich, und so heißt es am letzten Urlaubstag nochmal: ab ins Grüne. Mit der Gondelbahn schwebt die Familie auf den Schauinsland. Der Gipfel liegt übrigens auf Stadtgebiet und macht Freiburg damit zur höchstgelegenen Großstadt Deutschlands. Hannes ist ganz aufgeregt und sagt fortwährend, dass er "da vorne" Frankreich sehen kann. In der Tat reicht der Blick bis zu den französischen Vogesen. Vom Schauinsland-Gipfel fährt man mit dem Bus in wenigen Minuten zum Steinwasenpark nach Kirchzarten. Hier gibt es neben Attraktionen wie der Bob- und Wildwasserbahn wieder viele Tiere, die man füttern und streicheln darf. Das findet der kleine Hannes inzwischen auch toll und am Abend ist er kaum zu bewegen, den Park zu verlassen, um mit der Bahn nach Hause in die Wiehre zu fahren.
Von der Autorin erscheint im Juni der Reiseführer CityTrip Freiburg, Reise Know-How Verlag 2012, 9,80 €
Reisetipps für Freiburg
UnterkunftFamilien beziehen am besten eine Ferienwohnung, was im Sommer schon ab ca. 500,- € pro Woche möglich ist. Buchungsmöglichkeiten gibt es unter www.freiburg.de.
KinderWer mit Kindern reist, sollte unbedingt vorher unter www.kinderstadt-freiburg.de den "Offiziellen Freiburger Kinderstadtplan" bestellen (3,50 €), 100 Seiten mit vielen Infos.
PreiseEintrittspreise für städtische Museen etc. sind moderat. Häufig gibt es auch Familientickets oder Kinder-Ermäßigungen. Und da Freiburg auch Studentenstadt ist, kann man zudem für wenig Geld Essen gehen.