Leitlinie für Übernahme nach der Ausbildung - das wär ́s!

VON Annett Kannenberg UND Birgit Tragsdorf

"Junge Menschen brauchen eine Perspektive, um ihre Zukunft planen zu können. Diese zu schaffen, ist gesellschaftliche Gesamtverantwortung", sagt Michael Wagner, Vorsitzender der ver.di Jugend in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Und das sind die Forderungen der ver.di Jugend: Übernahme in Vollzeit, unbefristet, wohnortnah, im erlernten Beruf und mit einer entsprechenden Entgeltgruppe.

In vielen Bereichen gibt es bereits tarifvertragliche oder innerbetriebliche Regelungen zur Übernahme der Auszubildenden. Meist weisen sie aber erhebliche Mängel auf. Anschlussbeschäftigungen, also die Anzahl der Monate, die die Fachkraft noch im Unternehmen bleiben kann, sind gestaffelt nach Prüfungsergebnissen. Auch Arbeitsplätze bei Unternehmens-Töchtern im gesamten Bundesgebiet, zum Teil mit Arbeitsverträgen unter 20 Stunden in der Woche, sind keine Einzelfälle. Das führt zu einer Ungewissheit,mit der die Auslernenden allein gelassen werden. Und es hilft Unternehmen und Regionen nicht, die mit dem gravierenden Problem der Abwanderung berufstätiger junger Menschen zu kämpfen haben.

Die ver.di Jugend im Landesbezirk hat im Frühjahr die Kampagne "Ihr könnt uns mal ... übernehmen" gestartet. In zentralen und dezentralen Aktionen, Seminaren, Jugendversammlungen sowie auf dem ver.di-Sommercamp wird dazu mit Vertreter/innen aus Arbeitnehmerschaft, Wirtschaft und Politik diskutiert. Ziel ist es, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und stärker an Lösungen zu arbeiten. Doch auch außerhalb erprobter Kommunikationswege will die ver.di Jugend in diesem Jahr die Diskussion platzieren. Jugendliche und Auszubildende, die sich an der Kampagne beteiligen, sollen erstmals in unserer Region den schlechtesten Ausbildungsbetrieb ausfindig machen. Diesem wird dann im Sommer 2012 der Koffer mit der Aufschrift "Hier könnt ihr eure Koffer packen" verliehen. Mehr Informationen und Termine unter: www.jugend-sat.verdi.de

Übernahme - der Praxistest

Im Moment existieren für die Übernahme von jungen Ausgebildeten überwiegend keine verbindlichen und vergleichbaren Regelungen, zumindest im Zuständigkeitsbereich von ver.di. "Es wäre zu gut, wenn wir es im öffentlichen Dienst hinbekämen, eine Leitlinie für Übernahmeregelungen zu erarbeiten. Auch als Vorbild für die private Wirtschaft", wünscht Daniel Herold, Jugendsekretär in Thüringen, auch zuständig für die Jugend-Tarifpolitik. Vorbildlich seien die Regelungen in der Chemieindustrie und bei der Post, so Herold.

Anders sieht es in den Pflegeberufen aus. Gerade in der Altenpflege wird über die Unterbesetzung und den erwarteten Fachkräftemangel geklagt, aber verbindliche Übernahmeregelungen gibt es nicht. Schwierig ist es auch in den Krankenhäusern, hier dominieren Einjahresverträge. Im Friseurhandwerk sind Azubis willkommen, aber nur als billige Arbeitskräfte.

Die AOK plus hat ein Personalentwicklungskonzept erstellt, das zunächst bis 2013 allen jungen Leuten nach der Ausbildung einen sicheren Arbeitsplatz bietet. Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes garantiert eine Übernahme für zwölf Monate, die dann bei Bewährung in eine unbefristete Stelle führt - vor-ausgesetzt, freie Stellen sind vorhanden. ver.di will eine an der Demographie orientierte Personalpolitik. Denn während in der Privatwirtschaft die Zahl von Mitarbeitern über 45 Jahre sinkt, steigt sie im öffentlichen Dienst an.