Ausgabe 05/2012
In Hamburg sagt man tschüs!
Wolfgang Abel, der Nachfolger, verabschiedet Wolfgang Rose (rechts)
Nach elf Jahren als Landesbezirksleiter ist Wolfgang Rose am 17. Juni im Rahmen des ver.di-Sommerem-pfangs im Thalia Theater vor 600 Gästen gebührend verabschiedet worden. Zu den Gästen aus Politik, Kultur, Medien, Kirchen und Wirtschaft zählten Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, die Senatoren Jutta Blankau und Detlef Scheele, die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs sowie ihre Vorgängerin Maria Jepsen, der Vorsitzende der Bürgerschaftsfraktion der Grünen, Jens Kerstan, der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske sowie zahlreiche Betriebs-, Personalräte, Mitarbeitervertretungen und Vertrauensleute aus allen Bereichen von ver.di.
Zu Beginn würdigte Olaf Scholz, SPD, den Gewerkschafter Rose, der als Kritiker der Agenda-Politik streitbar und beharrlich auch in der SPD immer zuerst die Interessen der Arbeitnehmer/innen vertreten habe und weiter vertreten werde. Eine Sache habe sie beide besonders verbunden: "Der gemeinsame Kampf dafür, dass es in Deutschland einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn geben muss. Man muss, wenn man arbeitet und sich dabei redlich müht, von dem Geld, das man damit verdient, auch leben können. Wolfgang Rose hat dafür einen wichtigen Beitrag geleistet. Wolfgang Abel hat mit mir dazu beigetragen, dass wir bei der Post etwas hinbekommen haben."
Einer der ver.di-Gründungsväter
Frank Bsirske machte deutlich, wie sehr Wolfgang Rose ver.di Hamburg geprägt und der neuen Gewerkschaft in Hamburg ein Gesicht gegeben hat. "Wolfgang, mit Dir geht einer der ver.di-Gründungsväter von Bord, einer der schon lange vor dem Gründungskongress ver.di vorgehabt und vorgemacht hat. [...] Ich bin oft nach Gesprächen in Hamburg mit dem Eindruck nach Berlin zurückgefahren: Wie er das macht und mit welcher Selbstverständlichkeit, das macht er wirklich gut. Und ich habe manch hilfreiche Idee mitgenommen."
In einer bewegenden Dankesrede blickte auch Wolfgang Rose auf die Gründungszeit von ver.di zurück und dankte seinen damaligen Mitstreiter/innen Ulrike Fürniß, Ingrid Pöhland, Ulrich Meinecke und Uwe Grund: " Wir haben damals mit sehr viel Leidenschaft, lange, bevor es ver.di gab, die Idee einer starken Dienstleistungsgewerkschaft vorangetrieben, für die Dienstleistungsmetropole Hamburg und darüber hinaus. Wir haben sogar Anzeigen in bundesweit erscheinenden Tageszeitungen geschaltet, um für diese Überzeugung zu werben. [...] Ich möchte heute nicht mit all unseren gewerkschaftlichen Anliegen an unseren Bürgermeister herantreten. Das habe ich oft genug gemacht. Nur so viel: Wir haben bei unserer Bezirkskonferenz zur Wahl meines Nachfolgers auch eine Resolution für eine solidarische Stadtpolitik verabschiedet. Wir haben da eine eindeutige Haltung: Aus unserer Sicht ist die Schuldenkrise zuerst eine Steuerkrise. Daher darf man nicht zuerst bei der Kürzung der Ausgaben ansetzen, sondern bei der Stärkung der Einnahmen. Es geht um die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. [...] Und ich lebe die tiefe Überzeugung, dass wir Gewerkschaften die historische Verpflichtung zum tatkräftigen Antifaschismus haben - vielleicht sogar weniger mit Blick auf die Aufarbeitung der Vergangenheit als mit Blick auf die Zukunft. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Nazigedanken aus den Köpfen der Menschen herauskommen. Einige meiner Mitstreiter/innen bei dieser Daueraufgabe sind hier: die Zeitzeugin Antje Kosemund, Trägerin der von ver.di verliehenen Herbert-Wehner-Medaille, Peggy Parnaß, Helga Obens... Vielen Dank für die geteilte Überzeugung und die vielen gemeinsamen Aktivitäten in den vergangenen Jahren!"
Anstöße und anstößig wirken
Nach den Reden setzte das Duo Alma Hoppe seine kabarettistischen Pointen. In einer Talkrunde mit Bernt Kamin, einem Wegbegleiter von Wolfgang Rose seit 1987, seiner Tochter Kerstin und Wolfgang Abel wurden auch die privaten und persönlichen Seiten des Gewerkschafters Rose gezeigt. Das Improvisationstheater "Hidden Shakespeare" nahm spontan Anregungen aus dem Gespräch auf, spitzte sie satirisch zu oder hinterfragte sie ironisch. Begriffe aus dem Publikum wurden zu Stehgreifsketchen aus dem Innenleben einer Gewerkschaft, Gesprächsfetzen zu einem Lied mit einer Hommage an Wolfgang Rose verarbeitet. Das Publikum dankte mit viel Gelächter und Beifall. Die Veranstaltung endete mit stehenden Ovationen für Wolfgang Rose, als ihm sein Nachfolger in Anerkennung seiner antifaschistischen Arbeit den Gips-Abdruck der bronzenen Herbert-Wehner-Medaille mit der Aufschrift verlieh, die auch gut zu Wolfgang Rose passt: "Wer Anstöße geben will, muss auch bereit sein, anstößig zu wirken!"
"Es geht um die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums"