Engagement in der Gewerkschaft - mehr ist ihnen nicht vorzuwerfen. Doch genau deshalb ist 28 Lagerbeschäftigten an türkischen DHL-Standorten gekündigt worden. Die Transportarbeitergewerkschaft TÜMTIS organisiert Protest. Auch die Internationale Transportarbeiter-Föderation, ITF, stehe hinter den Entlassenen, sagt ihr Sekretär Mac Urata. Doch das Management von DHL Türkei ignoriert jedes Gesprächsangebot, die Situation eskaliert.

Für die ITF reiht sich der Fall in eine lange Kette globaler Arbeitsrechtsverletzungen ein. Der Konzern Deutsche Post DHL verstoße permanent gegen Prinzipien des "UN Global Compact" und halte damit eingegangene Verpflichtungen zu Fairness und verantwortlichem Unternehmenshandeln nicht ein, hatte UNI-Generalsekretär Philip Jennings schon 2011 erklärt, als deshalb bei den Vereinten Nationen Beschwerde eingereicht wurde.

In Istanbul agiere der Logistik-Weltmarktführer "keinen Deut besser als klassische türkische Arbeitgeber", sagt Ingo Marowsky, Koordinator einer eigens für globale Lieferdienste organisierten ITF-Kampagne. Dafür spreche auch die hohe Zahl von Arbeitsunfällen. Noch mehr gelte das außerhalb Europas, wo ein Drittel aller DHL-Beschäftigten tätig ist. Der Gelbe Riese - zuletzt mit einem Jahresgewinn von 1,2 Milliarden Euro - müsse sichern, "dass alle 470.000 Beschäftigten weltweit anständig behandelt werden", verlangt Marowsky.

Das Weißbuch der Missstände

Die UNI Global Union und die ITF belegten im Frühjahr mit dem Weißbuch "Unternehmerische Verantwortungslosigkeit" die Doppelmoral der daheim als vorbildlicher Arbeitgeber geltenden Deutschen Post DHL. Die Dokumentation listet Missstände in Guatemala, Costa Rica, Kolumbien und Brasilien auf, sie reicht bis Malawi, Malaysia, Bahrain, Hongkong, Vietnam und Indien. Das Fazit: Vor allem in Übersee zielt der Logistikriese systematisch darauf ab, Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen und die Präsenz von Gewerkschaften zu beschränken. Einschüchterung und Schikane gehören ebenso zu den Praktiken wie der Einsatz schlechter bezahlter Leiharbeitskräfte. Nicht nur in Indonesien liegt der Leiharbeiteranteil bei 40 Prozent.

Die Diskriminierung ganzer Beschäftigtengruppen und mangelnder Arbeitsschutz sind weitere Kritikpunkte. In den USA musste die DHL-Tochter Exel deshalb gerade mehr als 280.000 Dollar Geldstrafe zahlen. Dass in Kolumbien, Costa Rica und Südafrika, aber auch in Ungarn DHL-Arbeitskräfte wegen vermeintlicher Verfehlungen zu mehrstündigen Tests mit Lügendetektoren gezwungen wurden, hat Empörung ausgelöst. Solche Methoden, die gegen allgemeine Menschenrechte verstoßen, sind trotz halbherziger Distanzierungen durch den Vorstand bis heute nicht generell geächtet.

Gewerkschafter haben im Mai in Frankfurt am Main vor der Hauptversammlung der Deutschen Post DHL erneut protestiert und die Aktionäre aufgefordert, allen Belegschaften Respekt zuzusichern. Die Deutsche Post DHL müsse die "doppelten Standards aufgeben", sachlich mit den Gewerkschaften in Europa zusammenarbeiten und dürfe dabei nicht gleichzeitig die Vereinigungsfreiheit der Beschäftigten anderswo in der Welt unterdrücken. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis und der Vorsitzende der TÜMTIS, Kenan Öztürk, wollen jetzt weitere Schritte beraten. "Das Vorgehen von DHL in der Türkei zeigt erneut, wie dringend der Abschluss eines globalen Rahmenabkommens zur Anerkennung von Gewerkschaftsrechten ist", sagt Andrea Kocsis. neh

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