Mordslust am Kochen

Kalender | Mörderisch lecker Sie haben nicht nur Spaß am Schreiben von heimtückischen Plots, sondern auch am Schnippeln und Kochen. Krimiautorinnen und Krimiautoren aus Mönchengladbach, Neuss, Euskirchen, Köln und Düsseldorf haben sich mit Profiköchen und dem Volksverein Mönchengladbach zusammengetan, um mit dem Erlös aus ihren kreativen Leckerbissen Angebote für Arbeitslose zu unterstützen. "Mörderisch lecker" heißt der so entstandene Wandkalender, den der Verein angesichts seines bevorstehenden 30-jährigen Bestehens im kommenden Jahr jetzt herausbringt. Darin findet man mörderisch gute Rezepte für alle kulinarischen Gelegenheiten, zum Beispiel den "Pie to die", "Tote Beete weinen nicht" oder ein Rezept mit der Erkenntnis "Der Mörder isst wie der Gärtner". Die Erlöse aus dem Kalender kommen Langzeitarbeitslosen zugute, um die sich der Volksverein seit seiner Gründung kümmert.

Natürlich kann man alle Rezepte nachkochen, ohne befürchten zu müssen, dass ein Gast oder Familienmitglied am Tisch tot zusammenbricht. Es ist nur so, dass rund die Hälfte der 24 Gerichte eben aus den Küchen von Kriminalisten kommt. Und da liest man erst mal ganz genau, welche Zutaten wie verwendet werden. Aber "Das Schweigen der Muschel- nudeln" sieht nicht nur köstlich aus, es gibt auch kein Indiz auf eine tödliche Falle.

Und in die will auch der Volksverein Mönchengladbach nicht tappen. Derzeit finden 45 Menschen eine Arbeitsgelegenheit, 16 Langzeitarbeitslose erhalten befristet auf zwei Jahre eine Anstellung im Verein. Der betreibt neben sechs Second-Hand-Läden eine Holzwerkstatt, das Catering für zwei Schulkioske und eine Rapskernölproduktion. Das kaltgepresste Öl wurde bereits ausgezeichnet und zu den zehn besten in Deutschland gekürt. Doch damit dem Verein und seinen Projekten nicht die Luft ausgeht, ist er auf Spenden und Erlöse angewiesen. Alle Beteiligten an dem Kalender-Projekt, angefangen von den Köchen über die Fotograf/innen bis zu den Druckern haben dafür kein Honorar genommen, aber einen kulinarischen Kalender der besonderen Art geschaffen. Auch eine "Eiskalte Verführung" fehlt am Ende nicht. Darf's noch etwas mehr sein? Dann einfach bestellen. Petra Welzel

DER KALENDER KANN ZUM PREIS VON 10 € ZUZÜGL. 2 € VERSANDGEBÜHR BESTELLT WERDEN BEI EMILIE BOLTEN, TEL. 02161 / 81893-0 ODER E-MAIL E.BOLTEN@VOLKSVEREIN.DE; IN UND UM MÖNCHENGLADBACH GIBT ES DEN KOCHKALENDER AUCH IN EINIGEN BUCHHANDLUNGEN UND IN ALLEN LÄDEN DES VOLKSVEREINS.


Bernd Hans Martens: Fällig bei Liebesbruch | Neonazis treiben den jungen Thees vor einen Schulbus, er entkommt im letzten Augenblick - sein Verfolger nicht. Bis sich die Lage beruhigt hat, will Thees zur See fahren und landet in Hamburg in den Armen von Clara. Das Paar zieht zusammen, zweisame Stunden auf dem Segelboot folgen. Sie macht sich mit einer Versicherungs-Agentur selbstständig, entwickelt ein Konzept für Liebesbruch, wird wohlhabend. Der berufliche Erfolg treibt sie an. Er schlägt sich als Fahrer eines Menü-Lieferdienstes durch; miese Bezahlung, ein gieriger Chef, aber die Dankbarkeit der älteren Kundschaft und genug Zeit, um über die Weltformel nachzudenken. Lebendig und vielschichtig zeigt der Roman die zerstörerische Wirkung von Geld- und Besitzgier auf menschliche Beziehungen. Mit feinem, oft komischem Gespür widmet sich der Autor den wichtigen gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart. Auch ver.di und eine Betriebsratsgründung - so viel sei schon verraten - sorgen für Aufruhr. Sönke Rabisch

ROMAN, 240 SEITEN, ACHTER VERLAG, 2012, 19,80 €


Magda von Garrel: Instandsetzungspädagogik. Integrationsansätze für lernentwöhnte Kinder | Hier schreibt eine Frau, die viel Erfahrung gesammelt hat mit Kindern und Jugendlichen, die von der Gesellschaft aussortiert wurden. Damit will sich die Pädagogin Magda von Garrel nicht abfinden. In ihrem Büchlein mit dem etwas sperrigen Titel Instandsetzungspädagogik erläutert die ver.dianerin Hintergründe, warum sich viele Außenseiter kratzbürstig, unsozial oder großmäulig benehmen, und weckt damit Verständnis für dieses Verhalten. Besonders wertvoll ist ihr Werk aber deshalb, weil sie engagierten Lehrer/innen und anderen Interessierten konkrete Tipps und Tricks an die Hand gibt, wie sie solche Jungen und Mädchen erreichen und ihnen Anschluss an Gleichaltrige ermöglichen können. Dabei verschweigt sie nicht, dass beziehungsgestörte Jugendliche auch solidarischen Erwachsenen viel abverlangen und sie unendlich nerven können. Doch ihre politische Überzeugung lässt die Autorin kämpfen für eine Pädagogik, die alle Kinder einschließt und nicht nur den Nachwuchs engagierter Eltern oder die besonders Leistungsstarken. Annette Jensen

VERLAG VANDENHOECK UND RUPRECHT, 143 SEITEN, 19,99 €


Rainald Goetz: Johann Holtrop | Dieser Roman von Aufstieg und Fall eines "kaputtbezahlten" Managers ist eine wahre Höllenfahrt. Rainald Goetz hatte die Absicht, die Menschenverachtung des Wirtschaftslebens zu zeigen, die sich im Protagonisten vor allem im Umgang der Mächtigen untereinander zeigt: etwas Unausweich-liches, Grundlegendes, das Goetz "Selbstverachtung der Gesellschaft" nennt. Damit einher geht die Angst, gerade bei denen, die sich bereichert haben. Sie tragen es auf der Stirn "eintätowiert". Aber im Grunde geht es hier um das Böse. Es gibt auch eine Mephisto-Figur, komisch und unheimlich, die den Manager tröstet, als er selbst Opfer des Systems wird: "Das muss man realistisch sehen, nicht moralisch." Aber dieser große Gesellschaftsroman zeigt uns die ganze Wahrheit, im Sinne von Kafka: "Eines der wirksamsten Verführungsmittel des Bösen ist die Herausforderung zum Kampf." Holtrop jedenfalls verliert dabei schließlich alles. Bettina Klix

ROMAN, SUHRKAMP, 342 SEITEN, 19,95 €


Richard Ford: Kanada | 1960, ein Kaff in Montana, im Mittleren Westen derUSA. Hier leben die 15-jährigen Zwillinge Dell und Berner in scheinbar behüteter Normalität - und steuern auf eine Katastrophe zu. Nach einem dilletantisch vermasselten Bankraub werden die Eltern ins Gefängnis gesteckt. Die Kinder werden sie nie wieder sehen. Aus Angst, ins Heim zu kommen, fliehen sie. Berner, das Mädchen, geht nach Kalifornien und taumelt später als Althippie frustriert durchs Leben. Ihr Bruder Dell, der Erzähler, taucht in der kanadischen Prärie unter, schlägt sich erstmal alleine durch und läuft wieder Gefahr, in ein kriminelles Milieu hineingezogen zu werden. Doch er entkommt auch diesmal, nicht zuletzt dank Schule und Bildung. 50 Jahre später erhält er von seiner todkranken Schwester die Aufzeichnungen seiner Mutter aus dem Knast. Und blickt aus der Perspektive seines nun geordneten Lebens neu auf seine Vergangenheit zurück. Richard Ford beweist mit diesem eindrucksvollen Roman noch einmal mehr, dass er zu den großen amerikanischen Gegenwartsautoren zählt. Tina Spessert

ROMAN, HANSER, 464 S., 24,90 €