Die Schönste von Berlin

Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete | Hundert Jahre ist es her, dass Ludwig Borchardt die Büste von Nofretete aus dem Wüstensand ausgrub. Der Archäologe wusste sofort: Das ist einer der wertvollsten Funde der Weltgeschichte. Und tatsächlich strahlt der über 3300 Jahre alte Gips-Kalksteinkopf bis heute durch seine Schönheit und die fast naturalistische Darstellung eine große Faszination aus. Anlässlich des Fundjubiläums hat das Neue Museum in Berlin eine überaus sehenswerte Ausstellung zusammengestellt. Die zeigt vieles, was die Öffentlichkeit noch nie zu Gesicht bekam, und vermittelt einen erstaunlich detailreichen Einblick in die Lebenswelt der damaligen ägyptischen Herrscher. Zugleich erfahren die Besucher auch Interessantes über die Arbeit von Archäologen.

Nofretetes Mann Echnaton war der Gründer der ersten monotheistischen Religion. Nur der Sonnengott Aton galt in seiner Herrschaftszeit ab etwa 1350 v. Chr. noch als Gott. Der Pharao erklärte sich und seine Frau zur einzigen Mittlerinstanz und entmachtete die Priester. Um dem Sonnengott ungehindert huldigen zu können, ließ er eine neue Stadt in der Wüste errichten: Amarna.

Für Archäologen ist das ein Glücksfall, denn kurz nach der Herrschaftszeit Echnatons kehrten die Pharaonen in die alte Regierungsstadt Memphis zurück. So ist Amarna gleichsam eine Momentaufnahme aus dem alten Ägypten. Außerdem hat der trockene Sand viele Alltagsgegenstände konserviert: Sogar Sandalen haben die Jahrtausende überstanden.

Leuchtend bunte Mosaiken schmückten die Wände, viele Töpfe und Kacheln sind mit fast expressionistischen Fisch- und Entendarstellungen bemalt. Auch das Werkzeug von Kunsthandwerkern ist erhalten. Ein Haufen zum Teil kaputter Glasringe belegt, dass es damals schon fast so etwas wie eine kleine Massenproduktion gab.

Warum aber sind all diese Schätze aus Ägypten eigentlich in der deutschen Hauptstadt gelandet? Im Untergeschoss erfahren die Besucher Details: Damals war es üblich, dass die ausländischen Archäologen den Fund teilten und ein Vertreter Ägyptens aus ihnen auswählen durfte. Aus Tagebucheintragungen und Briefen wird deutlich, dass die deutsche Gruppe nicht im Traum zu hoffen wagte, die Nofretete-Büste mitnehmen zu dürfen. Mit Betrug und Hinterlist gelang das trotzdem: Die Archäologen deklarierten sie als namenlose Prinzessin und präsentierten die bereits in Kisten verpackten Gegenstände dem leicht angetrunkenen Gutachter bei schummrigem Licht. Der Coup gelang – und so wird Nofretete heute als schönste Berlinerin präsentiert. Annette Jensen

„Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete”, Neues Museum Berlin, Bodestr. 1-3, Di-So 10-20 Uhr, bis zum 13. April


Yin Xiuzhen | Wer sich einmal in eine Installation der chinesischen Künstlerin Yin Xiuzhen begeben hat, kann ihrer Anziehungskraft nicht widerstehen. Xiuzhens frühes Werk, das sich oftmals in den weiten Landschaften Chinas und Tibets abspielte, wirkt in ihrer ersten Einzelausstellung in Europa auch noch über ihre fotografische Dokumentation. Mitte der 90er Jahre hat Xiuzhen begonnen, Materialien der Orte, an die sie fuhr, zu sammeln und zu eigenwilligen raumgreifenden, teils begehbaren Skulpturen wieder zusammenzusetzen. Vor allem aus China, dem weltgrößten Textilproduzenten, kommen die Stoffe und Altkleider, aus denen sinnliche Schnecken, aber auch bedrohliche Organe entstehen. Oder Xiuzhen macht, kombiniert mit Musik und gesprochenen Erinnerungen, aus einem Bus einen Tausendfüßler und mahnt dabei ganz nebenbei an die schnelle Vergänglichkeit in einer immer schnelllebigeren Welt. Petra Welzel

Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4, Kunsthalle Düsseldorf,Grabbeplatz 4, Di-So 11-18 Uhr, bis 10. März


Durch Nacht zum Licht | Wo die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die SPD, ihre Wurzeln hat, darüber kann man in dieser Ausstellung zur Geschichte der Arbeiterbewegung des Technoseums in Mannheim einiges lernen. Über 500 Exponate, Bilder, Maschinen, Filme, Plakate, Skulpturen und vieles mehr, belegen, wie verzahnt die Entstehung der Arbeiterbewegung vor 150 Jahren mit der Gründung der SPD war. Massenstreiks der Bergarbeiter und der Beschäftigten in der Textilindustrie führten der SPD die Wähler einst in Scharen zu. Auch das Sozialistengesetz von 1878, das die Verfolgung, Emigration und Inhaftierung tausender Sozialdemokraten zur Folge hatte, konnte nicht den Aufstieg der Arbeiterbewegung, der Gewerkschaften und der Partei verhindern. In der Ausstellung stehen aber die Gewerkschaften im Vordergrund, denn sie sind es, die sich bis heute der Verteidigung der Arbeitnehmerrechte verschrieben haben. Die SPD hat diese Wurzeln längst gekappt. Petra Welzel

Technoseum Mannheim, Museumsstr. 1, Tgl. 9-17 Uhr, bis 25. August