Was ist es nur für ein Glück, dass wir in allen wichtigen Lebenslagen Experten haben, die in die Zukunft schauen können, mit Excel alles berechnen und uns die passenden Ratschläge geben. Ganz neu vor einigen Tagen im Focus diese Erkenntnisse: „Weil die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, sollen Arbeitnehmer in Zukunft auch deutlich später als mit 67 Jahren in Rente gehen. Neben dieser Forderung sprechen sich Experten auch für eine Anhebung der Wochenarbeitszeit aus.“ Rente mit 69. Ja, Sie haben richtig gelesen: neunundsechzig! Nicht, dass Sie glauben, mit 67 sei das Ende der Fahnenstange schon erreicht. „Für jedes Jahr hinzugewonnene Lebenserwartung müssen wir (!) etwa ein halbes Jahr länger arbeiten und in die Rentenkasse einzahlen“, verlangt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Und Bernd Raffelhüschen – keine Feier ohne Meier – pflichtet in seiner Eigenschaft als Wahrsager für die Zeit nach 2029 bei: „Sonst können wir (!) die Rentenkasse nicht stabil halten und den (!) Wohlstand im Alter sichern“, so der unvermeidliche „Freiburger Rentenexperte“ in der Bild-„Zeitung“. Zum Thema Wochenarbeitszeit meldete sich ein weiterer „Experte“ nach tiefem Blick in die Glaskugel: Hilmar Schneider vom – auch sowas gibt es – Institut zur Zukunft der Arbeit findet, im Schnitt sollte „jeder Arbeitnehmer fünf Stunden pro Woche mehr arbeiten“. Ja, richtig gelesen: mehr, nicht weniger. Also: 40 Stunden oder 43 oder 45. Nicht 30 oder 28, damit etwa mehr Arbeitsplätze entstehen. Was diese Herren Experten in diesen Tagen vorschlagen und fordern und meinen, ist natürlich alles richtig und wichtig und notwendig. Ganz klar, es ist sozusagen alternativlos, wenn es in unserem Land so weitergehen soll wie bisher. Wenn die oberen Zehntausend weiterhin regelmäßig noch was oben drauf bekommen sollen, muss das doch von irgendjemandem erarbeitet werden. Oder nicht? Henrik Müller