Ausgabe 05/2013
10 Prozent können ganz schön weh tun
Maria Kniesburges ist Chefredakteurin der ver.di PUBLIK
Die Bundeskanzlerin weiß schon, dass es so nicht weitergehen kann. Es ist ihr wohl bekannt, dass die Mieten in unerschwingliche Höhen schießen und die Mietkosten viele Menschen im Land auf das Schwerste drücken. Aber wirklich etwas tun dagegen, das will sie nicht. Das passt so ganz und gar nicht in das schwarz-gelbe Politikkonzept.
Allerdings ist eine Politik der Mietbegrenzung vermutlich hierzulande deutlich mehrheitsfähig und wird täglich populärer - und das kurz vor der Bundestagswahl. Deswegen konnten die Wählerinnen und Wähler in diesem Sommer ein eindrucksvolles Schauspiel beziehungsweise Lehrstück erleben. Ende Mai machte Angela Merkel Schlagzeilen, weil sie sich öffentlich für eine Mietpreisbremse stark gemacht hatte. Aufschrei aus Union, FDP und Immobilienwirtschaft. Folgerichtig dann auch Teil 2 des Stücks: Als nur zwei Wochen später die SPD einen Antrag auf Begrenzung von Miet- erhöhungen in den Bundestag einbringt, lehnt Schwarz-Gelb mit der Kanzlerin an der Spitze geschlossen ab. Dabei war nicht mehr gefordert als die Begrenzung der Mieterhöhungen bei Wiedervermietung auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Immerhin - obwohl auch die zehn Prozent ganz schön weh tun können. Wenige Tage später dann Teil 3: Die Unionsparteien versprechen in ihrem Wahlprogramm, genau jene zehn Prozent- Deckelung bei Wiedervermietung einführen zu wollen. Was denn nun? Nichts ist, allenfalls ein halbes Versprechen, wenn überhaupt. Denn im Wahlprogramm steht auch: Ob die Mietbegrenzung kommt oder nicht, sollen irgendwann einmal die Länder entscheiden.
Die Wohnungssuche nimmt unterdessen vor allem in den Groß- und Unistädten groteske Züge an. Während die Mieten ins Unbezahlbare steigen, sinkt die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren, werden öffentliche Wohnungsgesellschaften an Hedgefonds verkauft. Eine dramatische Entwicklung. Und das Ergebnis einer Politik, die sich nicht den Menschen, sondern den Renditen der Besitzenden verpflichtet fühlt.