Ausgabe 02/2014
Die Primarks der Pressewelt
Wer die Besten an der Druckmaschine und am Redakteursschreibtisch will, der muss sie ordentlich bezahlen
Michaela Böhm ist freie Journalistin
Gedruckte Werke, also Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, sind das Lebenselixier für Demokratie und Bildung. So begründeten die Druckarbeitgeber jedenfalls 2009 ihre Forderung, die ohnehin ermäßigte Mehrwertsteuer auf null zu reduzieren. Damit sind sie zu Recht gescheitert. Aber mit dem Lebenselixier, da haben sie Recht: Wir brauchen eine Presse, die Zusammenhänge erklärt und Hintergründe erläutert. Wir brauchen Journalistinnen und Journalisten, die sich festbeißen an einsilbigen Unternehmenssprechern und Dampfplauderern aus der Politik. Für Demokratie gibt es keine staatliche Garantie, sie muss immer wieder gegen mächtige Interessengruppen verteidigt werden. Demokratie funktioniert nicht ohne guten und unabhängigen Journalismus.
Wenn es allerdings um die Anerkennung und Bezahlung derer geht, die täglich unter hohem Druck, in Nachtschichten und bei knappster Besetzung das Lebenselixier für Demokratie und Bildung herstellen, dann treten Zeitungs- und Druckereibesitzer auf wie die Pimkies, Kiks und Primarks der Pressewelt. Billig, billig. Den Redakteuren und Redakteurinnen sowie den Druckereibeschäftigten gestehen sie nicht mal einen Tropfen vom Trank zu, die sollen sogar noch was hergeben. Was die Druckarbeitgeber anbieten, gleicht nicht einmal die Preissteigerung aus. Und die Zeitungsverleger sind wild entschlossen, sich an den Besitzständen ihrer Belegschaften zu vergreifen.
Wie sieht es woanders aus? Mehr als fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt auf zwei Jahre gab es für die Beschäftigten im Einzelhandel, im öffentlichen Dienst der Länder, in der Versicherungswirtschaft, der Metall- und Elektroindustrie, sogar in der Textilindustrie Ost und im Kfz-Gewerbe Thüringen. So sieht Wertschätzung aus. Keine Branche versucht ihre Belegschaften so mies abzuspeisen wie Zeitungs- und Druckereibesitzer. Und das, obwohl die Umsatzrenditen der Verlagshäuser zwischen fünf und zwölf Prozent liegen. Zum Vergleich: Audi liegt bei zehn Prozent.
Deshalb: Wer die Besten an der Druckmaschine und am Redakteursschreibtisch will, der muss sie ordentlich bezahlen. Von wegen Lebenselixier.