Dietmar Dath / Oliver Scheibler: Mensch wie Gras wie - Die Biologin Elin und der Bioinformatiker Thomas arbeiten an einem Projekt mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Ihr Chef ist der mysteriöse Spekulant Farczády, der aber, in einer Talkshow so angeredet, Wert darauf legt, etwas "Älteres" zu sein, nämlich ein "Spieler". Wie alt dieses Zerstörungsspiel tatsächlich ist, wird auf der Bildebene nach und nach für uns klar, aber diejenigen, die für ihn arbeiten, sind zu eng an die Wirklichkeit angepasst, um das Unheil kommen zu sehen. Elin ignoriert die Warnungen ihres Jugendfreundes, der bei einem Wiedersehen als zwei Stationen seines Lebens Hartz IV und die Psychiatrie angibt. Doch der Freund ist nicht nur der Wahrheit näher, er durchschaut auch die Verkleidungen des Bösen früher. Dieser ungewöhnliche Comic ist voller Rätsel, die sich erst beim zweiten und dritten Lesen erschließen; er entstand aus einem Skript von Dietmar Dath, das Oliver Scheibler so bebilderte, dass Vergangenheit und Gegenwart, Tag und Traum beunruhigend ineinander übergehen. Bettina Klix

Comic, Verbrecher Verlag Berlin 2014, 206 Seiten, 24 €


Norbert Leithold: Herrliche Zeiten - Über 30 Jahre und drei Generationen hinweg beschreibt dieser Roman den Niedergang einer Unternehmerfamilie, die, verstrickt in die Machenschaften der Nazis, Schuld und Schande auf sich lädt. Das großbürgerliche Idyll zerbricht. Tochter Anna hat sich der kruden Rassenbiologie verschrieben und forscht nach dem "perfekten Arier". Ihr kunstsinniger Bruder Otto zieht im Auftrag Göhrings raubend durch die Museen und Sammlungen Europas. Nach dem Krieg kommt er schnell wieder auf die Beine und handelt in West-Berlin mit Kunstwerken meist zweifelhafter Provinienz. Der Fall Gurlitt lässt grüßen, doch der aktuelle Bezug ist rein zufällig. Anna hingegen verkriecht sich traumatisiert in einem Dorf in Mecklenburg und gilt in der Familie als verschollen. Getrennt durch Grenzen und Ideologien wachsen die Kinder von Anna und Otto auf, ohne voneinander zu wissen und plötzlich doch auf seltsame Weise verbunden. Bis sich eines Tages die Fehler der Vergangenheit rächen und die Situation eskaliert. Keine leichte Kost, aber dennoch - oder gerade deswegen - sehr lesenswert. Tina Spessert

DVA 2014, 528 S., 22,99 €


Guillermo Saccomanno: Der Angestellte - Ein Großraumbüro, irgendwo in Buenos Aires: "Der Angestellte", ein Mann ohne Namen, laviert sich durch seinen Alltag. Er fügt sich den Anweisungen seines Chefs, erträgt die Sinnlosigkeit seines Jobs und schämt sich für sein von Unterwerfung geprägtes Leben. Eines Tages hat er genug von Intrigen, Ausbeutung und Hierarchien. Er plant seinen Ausstieg, beginnt eine Affäre mit der Chefsekretärin, und will endlich raus aus dem Büro, dem System. Guillermo Saccomanno, einer der wichtigsten Schriftsteller Argentiniens, zeigt das Dilemma der modernen Arbeitswelt radikal aus der Perspektive des Angestellten. Er konstatiert: "Den Beschäftigten gehört ihr Schreibtisch so wenig wie ihr Leben." Die Folge: Wut und Ohnmacht, aus denen bei der Hauptfigur Rachegelüste und Gewaltfantasien werden. Doch der Angestellte kommt nicht vom Fleck - er ist trotz Festanstellung verarmt und unsicher. Ein packender zugespitzter Roman über die scheinbar unüberwindbaren Zwänge des Arbeitslebens. Günter Keil

Guillermo Saccomanno: Der Angestellte, übersetzt von Svenja Becker, Kiepenheuer & Witsch, 192 S., 18,99 €