Per Luftpostlogistik wurden Karten an den Postvorstand gesandt

Nicht weniger als 17 Jahre lang hat sich Anja Helffenstein wie in der Probezeit gefühlt. Als sie dann Ende April 2014 nach 88 Zeitverträgen keinen Anschlussvertrag erhielt, war ihre Geduld zu Ende. "Untragbar" sei sie für die Deutsche Post geworden. Eine andere Begründung gab es auch auf Nachfragen nicht. Gemeinsam mit dem ver.di-Fachbereich Postdienste klagte sie vor dem Arbeitsgericht - mit Erfolg.

Mut und Geschlossenheit machen uns stark

Mit der Aktion "(UN)BEFRISTET" des Fachbereiches Postdienste wird die fatale Beschäftigungspolitik der Post betrieblich sowie öffentlich gezielt skandalisiert. Die Deutsche Post AG, die sich gern öffentlich als Arbeitgeber erster Wahl feiern lässt, handelt im betrieblichen Alltag völlig gegensätzlich zum eigenen Anspruch.

Anja Helffenstein: "Jetzt weiß ich, dass ich nicht allein bin. Die geschlossene Solidarität der Belegschaft und die Unterstützung des Fachbereiches haben mir Mut gemacht. Das konsequente Handeln und der Schritt in die Öffentlichkeit haben sich ausgezahlt."

Mittlerweile haben bundesweit etwa 13 600 Beschäftigte in den Brief- und Paketzentren sowie in der Brief- und Paketzustellung befristete Arbeitsverträge. Allein in Hamburg sind es mehr als 1 000. Die betriebliche Interessenvertretung steht dieser Beschäftigungspolitik oftmals machtlos gegenüber, da weder das Betriebsverfassungsgesetz noch das Teilzeit- und Befristungsgesetz einen wirksamen Schutz bieten. So entwickelten die Betriebsräte der Post gemeinsam mit dem Fachbereich eine Gegenstrategie. Unter dem Motto "Entfristung jetzt - nutz' meinen Kumpel nicht aus" wurden in einem ersten Schritt die Beschäftigten auf Betriebsversammlungen über die aktuelle Befristungspolitik der Post informiert. Ständige Unsicherheit prägen den Alltag von befristet Beschäftigten. Erholungsurlaub, eine neue Wohnung oder ein Kredit für ein Auto, all das ist für befristet Beschäftigte nicht realisierbar.

Mit Anja Helffenstein haben die von Kettenarbeitsverträgen Betroffenen ein Gesicht erhalten und einen Schritt heraus aus der Anonymität getan. Ihr couragierter Auftritt bei Stern TV hat für Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt. Bei einem Gütetermin Anfang Juni vor dem Arbeitsgericht bot ihr die Post AG schließlich einen unbefristeten Arbeitsvertrag zum 1. Juli an. Das schnelle Angebot deutet auf eine Schadensbegrenzungsstrategie, indem die Post in einem Einzelfall einlenkt. Anders als ein Urteil hat die gütliche Einigung keine Auswirkungen auf andere Fälle, sondern ist allenfalls ein Etappensieg.

Denkbar ist, dass die Post jetzt mit einer Klagewelle zu rechnen hat. Mittlerweile sind mehrere Betroffene bereit, in die Öffentlichkeit zu gehen. Das ist nur möglich, weil die Aktion von einer breiten betrieblichen Solidarität getragen wird und den Beschäftigten Mut macht. Befristungen sind ein absoluter Brennpunkt, betrieblich, politisch wie auch rechtlich. Die Aktion "(UN)BEFRISTET - Entfristung jetzt!" wird im Fachbereich fortgesetzt