Arbeit. Eine globalhistorische Perspektive 13. bis 21. Jahrhundert - Wer heute von Arbeit spricht, meint Erwerbsarbeit. Sie prägt die persönliche Identität wie kaum etwas anderes und gilt als zentrale Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Doch der Blick sowohl in Vergangenheit als auch in andere Weltgegenden zeigt, wie beschränkt diese Perspektive ist. Noch im 18. Jahrhundert hätte die heute so selbstverständliche Trennung von produktiver und reproduktiver, bezahlter und unbezahlter Arbeit auch hierzulande keinerlei Sinn gemacht: Im "ganzen Haus" ging es um die Versorgung der Beteiligten. Das änderte sich erst mit dem Aufkommen des Kapitalismus und seinem Wachstumszwang. Die Wiener Professorin Andrea Komlosy hat ein ebenso kundiges wie gut lesbares Buch über das "Chamäleon Arbeit" geschrieben. In Längs- und Querschnitten seziert sie die globale Geschichte. Dabei wird deutlich, dass die Arbeitsbedingungen in verschiedenen Weltregionen schon seit langem wie kommunizierende Röhren funktionieren - und längst nicht zu allen Zeiten gab Europa den Ton an. Welche Rolle bezahlte und unbezahlte Arbeit spielt, was als ehrbar und unehrenhaft gilt und welche Tätigkeiten reguliert oder informell verrichtet werden, war sehr unterschiedlich. Auch die Interpretation, welche Tätigkeiten als Mühe und Leid, welche als berufliches Werk und Selbstverwirklichung gesehen werden, wechselt. Dass der Kapitalismus ein Entwicklungsmodell sein könnte, bei der die gesamte Menschheit nun gemeinsam im Fahrstuhl nach oben in Richtung Wohlstand fährt, hält die Sozialhistorikerin für pure Ideologie. Annette Jensen

Andrea Komlosy: Arbeit - Eine globalhistorische Perspektive 13. bis 21. Jahrhundert, Promedia-Verlag, Wien, 208 Seiten, 17,90 Euro, ISBN 978-3853713693