Ausgabe 06/2014
Müllabfuhr in Bürgerhand
Niedersachsen-Bremen - "Zurück zur Stadt": Mit einem Volksbegehren und einem Bürgerantrag will der ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen die Rückführung der seit 1998 privatisierten Abfallentsorgung in Bremen in städtische Regie erreichen.
"In zahllosen Gesprächen ist deutlich geworden, dass dieses Thema den Bremer Bürgern sehr am Herzen liegt", sagt ver.di-Bezirksgeschäftsführer Rainer Kuhn. Bremens Müllabfuhr und Straßenreinigung wurden mit der Privatisierungswelle der 1990er Jahre aus der öffentlichen Hand gegeben. Nachdem sich der Trend umgekehrt hat, ist Bremen heute die einzige deutsche Großstadt mit einer vollständig privatisierten Abfallentsorgung: Derzeit macht die Entsorgung Nord (ENO), eine Tochter des örtlichen Nehlsen-Konzerns, Geschäfte mit dem Bremer Müll. Auf Kosten der Beschäftigten.
Schlechtes Geschäft
Seit 1998 hat ENO laut ver.di die Zahl der Beschäftigten von rund 720 auf heute 360 halbiert. Statt bei unverändertem Müllaufkommen Beschäftigte einzustellen, lässt die ENO demnach 50 Prozent des Abfalls von anderen Nehlsen-Töchtern über Sub-Unternehmensverträge billig entsorgen. Und: Als nicht tarifgebundenes Unternehmen zahlt Nehlsen maximal den Branchenmindestlohn von 8,68 Euro, teilweise aber auch bis zu 30 Prozent unter Tarif. So wachsen die Konzerngewinne, von denen weder Beschäftigte noch Gebührenzahler etwas haben. Professor Ernst Mönnich von der Hochschule Bremen stellte in einem Gutachten unmissverständlich fest: "Für Bremen war die Privatisierung der Müllabfuhr und Straßenreinigung ein schlechtes Geschäft." Bei einer Rekommunalisierung würden "die Müllwerker alle nach Tarif bezahlt, den Gebührenzahlern stünden absehbar keine Erhöhungen ins Haus und die Stadt könnte mit Gewinnen rechnen". Schließlich sei diese Rückführung auch im Sinne der EU, die Abfallentsorgung inzwischen als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge betrachtet.
Unterschreiben
Die Verträge mit dem privaten Entsorger laufen 2018 aus. Um sicherzugehen, dass dann die Entscheidung von 1998 zurückgedreht wird, geht ver.di zweigleisig vor. Per Bürgerantrag will sie die Politiker in der Bremischen Bürgerschaft dazu verpflichten, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen, zu beraten und zu entscheiden. Mit bisher 5 000 Unterschriften ist das dafür erforderliche Quorum von 4000 bereits mehr als erfüllt. 25.000 Unterschriften sind dagegen für ein Volksbegehren notwendig. "Dafür brauchen wir noch jede Menge Unterstützung", sagt Kuhn.
Nach zahlreichen Aktionen in den vergangenen Monaten unterstützen bisher rund 5200 Bürger mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren. "Nach den Sommerferien werden wir unsere Aktionen verstärken", kündigte Kuhn an. Die Entscheidung für eine Rückführung der Müllabfuhr in kommunale Hand müsse spätestens in 2015 fallen und die Umsetzung 2016 beginnen. Sonst sei das alles bis 2018 nicht zu schaffen.