Wie sieht Arbeit heute eigentlich aus, so etwa?

von Ulla Lessmann

Arbeit in all ihren Facetten ist für die meisten Menschen von zentraler Bedeutung - sie kann sie erfüllen, krank machen, gefährlich, langweilig, belastend, befriedigend oder stressig sein, sie macht glücklich oder unglücklich, wohlhabend oder arm - oder dient allein dem Broterwerb. Und auch für den, der keine Arbeit hat, ist sie immens wichtig, weil sie fehlt. Wie sieht Arbeit heute eigentlich aus, was alles gehört zur Arbeit? Das will der Westdeutsche Rundfunk (WDR) mit einem groß angelegten Mitmach-Projekt von seinen Zuschauer/innen und Hörer/innen in Nordrhein-Westfalen wissen. Dazu sollen sie sich selbst bei ihrer Arbeit filmen.

"Natürlich können wir keinen kompletten Überblick über jede denkbare Arbeit bekommen", sagt Luzia Schmid. Die Regisseurin wird aus dem Material, das die Teilnehmer/innen dem WDR seit dem 20. August liefern, eine filmische Dokumentation gestalten. "Wir sprechen hoffentlich mit unserer Werbung für das Projekt einfach möglichst viele Menschen an, vom Manager bis zum Hartz-IV-Empfänger." Grimme-Preisträgerin Schmid freut sich auf die "unendliche Vielfalt, die der Begriff Arbeit umfasst".

Eine authentische Sicht auf die Arbeit

Christiane Hinz, beim WDR zuständig für das Projekt, ergänzt: "Zur Arbeit gehören auch die Pausen, die Wege zur Arbeit und nach Hause, der Feierabend. Arbeit ist das Ehrenamt der Pensionärin ebenso wie die Suche nach einer neuen Arbeit, die Angst um den Arbeitsplatz, der erste oder der letzte Arbeitstag, die Minijobs der Alleinerziehenden. Wir wollen den Bademeister oder den DJ, die Fitnesstrainerin oder die Krankenschwester animieren, uns ihre authentische Sicht auf ihre Arbeit zu zeigen."

Luzia Schmid schlägt vor, "dass vielleicht eine Mutter mal ihren Sohn zur Arbeit begleitet, weil sie wissen will, was der da eigentlich genau macht. Bei vielen Berufen kann man sich das doch gar nicht vorstellen." Mutter bräuchte nichts als eine Digitalkamera, beispielsweise ein Smartphone. Wer sich rein praktisch nicht selbst bei der Arbeit filmen kann, darf auch Kolleginnen und Kollegen darum bitten.

Befürchtungen, der WDR wolle lediglich Geld einsparen, indem er Laien die professionelle Arbeit von Kameraleuten und Journalisten überlässt, kann Redakteurin Hinz zerstreuen: "Der WDR spart damit nichts, ganz im Gegenteil, wenn man an die vielen hundert Stunden denkt, die wir brauchen, um das Material zu sichten. Wir wissen, dass die Menschen heute Beteiligung einfordern, die wollen sich einbringen, und sie bekommen ja auch etwas zurück, nämlich den fertigen Film."

Laien hätten einen ganz anderen Blick als Profis, und "wir kommen ja an viele Menschen gar nicht ran, die sich aber durch dieses Projekt angesprochen fühlen, weil ihre Arbeit damit wertgeschätzt wird". Der subjektive, nicht journalistische Einblick in die Arbeitswelt ist gefragt. Christiane Hinz jedenfalls wünscht sich nichts weniger, als dass der Film "ein Arbeits-Soziogramm des Landes NRW" präsentiert, "vielleicht auch ein Psychogramm."

Einladung zur Premiere im Frühjahr 2015

Viele Leute, das zeigt die Erfahrung, vergessen während des Filmens, dass sie sich filmen und bewegen sich natürlich und unbefangen in ihrer Welt. So war es vor zwei Jahren, als das erste WDR-Projekt dieser Art großen Erfolg verzeichnete: Ein Tag Leben in NRW brachte 3500 hochgeladene Videos, 100 Stunden Material, das von Luzia Schmid gesichtet werden musste. Ein 90-minütiger Film entstand daraus, ursprünglich sollten es nur 45 Minuten werden. Aus den Clips für Deine Arbeit, Dein Leben! soll ein "mindestens" 60-minütiger Film entstehen - allerdings wurde die Cliplänge für die Teilnehmenden verdoppelt. Wer mitmachen will, sollte möglichst ungefähr drei Minuten filmen. "Es darf aber auch mal länger werden", findet Luzia Schmid, "ich freue mich über jedes gute Bild."

Ein paar Bitten haben Schmid und Hinz an alle Filmemacher/innen: "Keine zusätzlichen Musikclips, keine Werbung, keine lauten Hintergrundgeräusche, der Ton sollte gut verständlich sein, und bitte nur ungeschnittenes Rohmaterial hochladen." Dass der Inhalt ethisch-moralisch okay sein muss, versteht sich von selbst. Als Belohnung für das Mitmachen werden diejenigen, deren Material in den fertigen Film eingeht, zur Premiere im Frühjahr 2015 eingeladen und bekommen eine DVD.

Deadline 21. September

Auf der Internetplattform www.deinearbeit.wdr.de findet sich - ständig aktualisiert - alles Wissenswerte rund um das Mitmach-Projekt des WDR; dort gibt es auch juristische Hinweise. Kontakt zu den Macher/innen ist möglich per E-Mail deinearbeit@wdr.de. Der Upload ist noch bis zum 21. September 2014 möglich.