Reich, reicher, voll daneben

Fette Beute - Reichtum zeigen - Ein Chinese in blauen Bermudas, schwarzem Poloshirt, weißer Basecap und braunen Outdoor-Boots, seine linke Hand steckt in der Hosentasche, mit der rechten Hand hält er sein Mobiltelefon ans Ohr. Da bleibt natürlich keine Hand frei, um auch noch einen Sonnenschirm zu halten an einem sonnigen Tag in Lagos, der Hauptstadt Nigerias. Den hält ihm sein Bodyguard, ein Nigerianer, mit seiner rechten Hand, in der linken eine Maschinenpistole, einsatzbereit.

Dieses Foto, in dem der grelle gelb-grüne Sonnenschirm wie ein herrschaftlicher Baldachin über dem Chinesen und seinem Sicherheitsmann schwebt, ist eines von 150 Werken in der neuen Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, die sich vorgenommen hat, das Thema Reichtum in der künstlerischen und medialen Fotografie umfassend darzustellen. Die reichen Chinesen in Afrika aus der Serie "La Chinafrique" des Holländers Paolo Woods, die sich durchweg als die neuen Kolonialherren zeigen, sind da nur ein Aspekt der Ausstellung. Beginnend mit den Anfängen der Fotografie, als die Fotografen meist selbst aus reichen Familien stammten und deshalb auch gern ihre mondänen Lebensumstände ablichteten, bis zu den "Rich Kids of Instagram" von heute kommen die zusammengetragenen Werke einem Beutezug durch die Welt der sogenannten oberen Zehntausend gleich.

Das Schöne daran ist, dass man beim Betrachten der Bilder nie neidisch wird über den stolz vorgetragenen Protz. Weil es die Fotograf/innen wie Tina Barney aus den USA, Jürgen Teller aus Deutschland, Martin Parr aus England, Otto Snoek aus den Niederlanden neben den anderen Beteiligten schaffen, genau die Momente festzuhalten, in denen man nicht unbedingt mit den Dargestellten tauschen möchte. Mal kommen einem die Reichen ziemlich einsam vor in ihren Villen, umgeben von millionenschwerem Beiwerk, mal völlig deplatziert wie der Chinese unterm Sonnenschirm und manchmal einfach nur voll daneben wie auf dem Internetportal der Kids der Reichen. Den eigentlichen Auftakt der Ausstellung machen deshalb auch zwei Serien, die Arme und Reiche einander gegenüberstellen und eindrucksvoll die beiden Extreme unserer Gesellschaften dokumentieren. Am Ende verlässt man die Ausstellung schön geerdet und doch bereichert. Petra Welzel

MKG, MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE HAMBURG, STEINTORPLATZ, DI-SO 10-18 UHR, DO 10-21 Uhr, BIS 11. JANUAR 2015


Wie Menschen Affen sehen - Der Blick des Menschen auf die Menschenaffen (zu ihnen zählen Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans) ist heutzutage hauptsächlich durch die Medien geprägt. Ob Daktari oder der Planet der Affen, wir lieben gerade das allzu Menschliche dieser Wesen. Nur drei Prozent trennen den Menschen vom Affen, 97 Prozent unserer Gene sind identisch. Noch dazu teilen sich Mensch und Affe den Begriff Primat. Wo ist da noch der Unterschied? In New York beschäftigt sich ein Gericht zurzeit mit dem Antrag, Menschenaffen als legale Personen anzuerkennen. Die Verstärkung der Primatenforschung seit den 1960er Jahren, vor allem durch die Arbeit der Verhaltensforscherin Jane Goodall, hat zu mannigfaltigen Erkenntnissen auch in der Evolutionsbiologie geführt. Die Ausstellung zeigt auf 400 Quadratmetern historische und aktuelle Forschungsergebnisse zur Biologie und dem faszinierenden sozialen Verhalten unserer Verwandten. Jenny Mansch

BRAUNSCHWEIGISCHES LANDESMUSEUM, BURGPLATZ 1, 38100 BRAUNSCHWEIG, BIS 8. MÄRZ 2015, DI-SO 10-17 UHR, JEDEN 1. DI IM MONAT BIS 20 UHR, MO GESCHLOSSEN


Reinhard Schmidhagen – Für Käthe Kollwitz war er der „Genosse, der die Fahne weiter trägt“. Zu dem Zeitpunkt, als seine expressionistische Kunst als „entartet“ verboten war. Der Künstler in Schmidhagen erwachte zur Zeit der Machtübernahme der Nationalsozialisten, das Ende des Zweiten Weltkriegs überlebte er nur um einige Wochen. Ein Lungenleiden zwang ihn in die Schweiz, nach seiner Rückkehr nach Deutschland dann in die innere Emigration wie viele andere Künstler, die geblieben waren. Sein Kunststudium brach er ab, um zu reisen und Künstlerkollegen zu treffen. So lernte er Käthe Kollwitz kennen und den jungen Lyriker Wolfgang Lohmeyer. In dessen Besitz fand sich jetzt Schmidhagens Autobiographie eines Unvollendeten, die unter dem Titel Das erste Jahrzehnt im Verlag MedienEdition Welsch erschienen ist. Einige seiner berühmt gewordenen Holzschnittarbeiten wie die „Guernica“ oder „Die andere Front“, aber auch Zeichnungen, Aquarelle und kleinere Ölgemälde werden in dieser Ausstellung gezeigt. Die Autobiographie rundet den Blick auf sein Werk ab. Jenny Mansch

KUNSTMUSEUM BOCHUM, HAUS KEMNADE, AN DER KEMNADE 10, 44777 BOCHUM, BIS 31. JANUAR 2015, DO-SO 11-17 UHR