Olson: Ballonherz - Cro, Casper, Prinz Pi - es ist kaum zu überhören: Deutscher HipHop hat sein Gewand gewechselt und erlebt einen massiven Aufschwung. Auch Rapper Olson aus Düsseldorf hat seinen früheren Beinamen "Rough" abgelegt und hat einen Imagewandel hinter sich, wie er größer kaum sein könnte. Mit seinem Debütalbum Ballonherz fängt er in melancholischer Grundstimmung das Lebensgefühl und die Gedanken derjenigen ein, die ihren Weg noch suchen und erst finden müssen. Hier geht es nicht um Waffen, Drogen oder Sex. Es geht um die großen Dinge des Lebens, allem voran die Liebe, aber auch um die Ratlosigkeit, die Zukunftsangst, das Gefühl, nicht voran zu kommen und immer nur zu scheitern. Wer den eingängigen Melodien und den nachdenklichen Texten lauscht, hat einerseits das Gefühl, sich wieder zu erkennen, und andererseits doch niemals so recht zu diesem Lifestyle zu passen. Olson schafft es, dich so träumerisch, melancholisch, aber auch glücklich zu machen, wie es dem stumpfen Ghettorap von Rappern wie Bushido wohl nie gelingen wird. Feline Mansch

CD, UNIVERSAL


Tania Saleh: A Few Images - Unsere Vorstellungen von Frauen in der männerdominierten arabischen Welt gehen meist in eine andere Richtung, doch es gibt sie, die emanzipierte arabische Frau. Natürlich verdankt die 1969 in Beirut geborene Sängerin und Songwriterin Tania Saleh ihre selbstbewusste Haltung ihrer privilegierten Stellung - einschließlich Auslandsaufenthalt in Paris während ihrer Ausbildung zur bildenden Künstlerin. Aber auf der anderen Seite steht die Erfahrung des jahrelangen, zermürbenden Bürgerkriegs in ihrer libanesischen Heimat. Saleh ist in der arabischen Musiktradition zu Hause, aber als Grenzgängerin sucht sie nach einer Verbindung aus arabischen und westlichen Elementen. Das macht sich zuallererst in der wirklich aparten Kombination von arabischen Songtexten und Latin-Rhythmen wie Samba und Bossa Nova bemerkbar. Hier bestreiten traditionelle arabische Instrumente wie die Nay-Flöte ganz selbstverständlich ihre Solo-Parts. Der Sound der schalmeiartigen Mizmar sorgt dann zwischendurch für den nötigen Kontrast in einem Album, das meilenweit entfernt ist von Orient-Kitsch und Stereotypen. Peter Rixen

CD, KIRKELIG KULTURVERKSTED / INDIGO


Neil Young: Storytone - Wer steht auf und rettet die Welt? Wer nimmt es auf mit der großen Maschine? Solche Fragen stellt ein überraschend kämpferischer Neil Young auf seinem neuen Album Storytone. Dass er im folgenden Song I Want To Drive My Car gleich eine Lanze bricht für das lustvolle und ganz und gar unökologische Verbrennen von fossilen Energieträgern, das passt zum widersprüchlichen Image, das der kauzige Kanadier seit einigen Jahren sorgfältig pflegt. So sieht sich der mittlerweile 68-Jährige am liebsten: als einsamer Mahner aus dem tiefen Wald, der den Mächtigen die Stirn bietet und seine individuelle Freiheit einklagt. Das ist immer spannend, war aber schon lange nicht mehr so gut anzuhören: Denn für Storytone hat sich Young ein 92-köpfiges Orchester geleistet. Mit dem bluesrockt er nun mal ganz entspannt, lässt sich eine fast schon operettenhafte Ballade hinfiedeln oder eben die große Wer-rettet-die-Welt-Klage mit einem ebenso abgespeckten wie schicken Streicherarrangement unterlegen. Das Ergebnis ist eine für Neil Young typische Widersprüchlichkeit: Ökopropaganda im verschwenderischen Breitwandsound. Thomas Winkler

CD/LP/DOWNLOAD, REPRISE/WARNER