Günter Wallraff bei der Aktion "Rollendes Wohnzimmer" in Hannover

Lohndumping, Kostendruck und ruinöser Wettbewerb: Die deutsche Logistikbranche befindet sich nach Einschätzung von ver.di trotz ixhrer enormen volkswirtschaftlichen Bedeutung im Preis- und Überlebenskampf. Unter dem Motto "Meine Zukunft in der Logistik" trafen sich im Oktober mehr als 100 Betriebsräte aus ganz Deutschland in Hannover, um sich mit dieser brisanten Situation auseinanderzusetzen.

Die Arbeitsbedingungen im Straßengütertransport, im Kurier-, Express- und Postbereich, in der Lagerwirtschaft und Kontraktlogistik sowie in der Verwaltung standen im Mittelpunkt der Arbeitstagung. "Eine steigende Zahl von Anbietern baut das Geschäftsmodell offenbar auf Lohndumping auf", erläuterte Mario Klepp, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für Speditionen und Logistik, in Hannover. "Der unerträgliche Kostenwettbewerb findet häufig auf dem Rücken der Beschäftigten statt", so Klepp. Es werde in Unternehmen versucht, den Aufwand für Serviceleistungen wie die kostenlose Rücksendung von bestellten Waren durch "mickrige Löhne" und Arbeitszeiten "oberhalb der gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen" auszugleichen. Das falle auch Beschäftigten in den Firmen auf die Füße, die sich an Tarifvorgaben halten. Der Druck werde oft auch dort immer größer.

Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff berichtete über die Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche. Er hatte undercover als Paketbote gearbeitet. Außerdem unterstützte Wallraff in der City die ver.di-Aktion "Rollendes Wohnzimmer". Ein Blick in die Fahrerkabine eines Lkw zeigte, wie Fernfahrer oft über Wochen ihren Arbeits- und Lebensalltag auf knapp fünf Quadratmetern bewältigen müssen. An den Arbeitsbedingungen der Fahrer wurde deutlich, welche Schlüsselfunktion der Güterfernverkehr international eingenommen hat. Kraftfahrer und Logistiker schilderten zudem persönliche Erfahrungen am ver.di-Info-Stand.

Mit besseren Einkommens- und Arbeitsbedingungen und international vergleichbaren sozialen Standards muss dieser gefährlichen Entwicklung entgegengewirkt werden. Allein in Niedersachsen sind bei rund 200 Firmen des Verkehrs- und Logistikgewerbes rund 250.000 Arbeitnehmer/innen beschäftigt, so Christoph Feldmann, ver.di-Logistikexperte, zur Bedeutung der Branche.