Als Gewerkschaftsmitglied, Frau und publik-Leserin möchte ich Ihnen gerne einen Dank aussprechen und einen Pluspunkt setzen, nachdem ich den Leserbrief von Herrn Ingo Reiß in der aktuellen Ausgabe gelesen hatte. Seit meiner Mitgliedschaft (Januar 2014) und der ersten publik-Ausgabe habe ich mich sehr darüber gefreut, dass ich als Frau angesprochen und bedacht wurde, das hat mich sehr in meiner Mitgliedschaft bei ver.di bestärkt. Ich sehe das Argument der textlichen Verunstaltung nur als vorgeschobenes Alibi, um weiterhin dem Manne vor der Frau den Platz zu reservieren. Sonst nichts. Ich denke, mittelgebildete und mit einer mündigen Grundintelligenz ausgestattete Menschen werden es wohl schaffen, Schrägstriche und Bindestriche zu setzen, zu lesen, zu verkraften. Und will Kollege Reiß uns ver.dianerinnen wirklich weismachen, dass personenbezogene Ansprachen nichts mit dem Sexus zu tun hätten, sondern nur mit dem Genus? Dann hält Herr Reiß nicht viel von unserem Bildungsniveau. Aber wir können ja mal testen, ob es wirklich nur der Genus ist, der zählt und nicht der Sexus, und ob es den Leuten nichts ausmacht, Männer oder Frauen zu sein und entsprechend angesprochen zu werden: Mein Vorschlag wäre, die nächsten beiden publik-Ausgaben nur mit der weiblichen Ansprache durchzuformulieren, auf alle Binde- und Schrägstriche zu verzichten. Denn wenn es wirklich nur der Genus ist, dann wären ja die Männer automatisch mitgemeint und alles in Ordnung.

Falls sich jedoch plötzlich mehr und heftigere Beschwerden ansammeln sollten, die eine fehlende Männlichkeit beklagen, als vorher die fehlende Weiblichkeit, dann wäre es ein für allemal klar: Es macht etwas aus, und es hat eine Bedeutung. Werde ich dieses Experiment vielleicht erleben dürfen?

Carmen Henschke, Böhl-Iggelheim

Endlich spricht mal jemand den Unsinn der "Feminisierung" der Sprachregelungen an und mir damit voll aus dem Herzen! Es ist ja eine Folge des rigorosen Auftretens der notorischen Emanzen um Alice Schwarzer, unterstützt von den Grünen und wohl auch von Juristen, die wohl meinten, wenn man es mit dem Grundgesetz der "Gleichberechtigung" genau nehme, dann müsse man auch gegen jede Vernunft in den sauren Apfel beißen.

Wolfgang Hänsch, Dresden

Auch ich bin Mitglied bei ÖTV/ver.di, seit 60 Jahren. Mich stört es seit langem, dass unsere Kolleginnen nur noch als Schrägstrich-Innen angesprochen werden, also in zweiter Reihe hinter den männlichen Kollegen. Es ist schon schlimm genug, dass unsere Kolleginnen für gleiche Arbeit nicht gleich entlohnt werden. Wir sollten uns mit aller Kraft dafür einsetzen, das zu ändern.

Erich Dankert, Berlin

Kollege Reiß hat umwerfende Argumente: Er hat die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite (so, so, alle gefragt?), den gesunden Menschenverstand (aha, hier muss ein gendergerechter Begriff in die Bütt) und die Ästhetik (gendern macht Texte hässlich, findet er. Ich übrigens nicht). Wer hätte gedacht, dass Sprache ein Ausdruck von kultureller und intellektueller Entwicklung ist. Sie ist einem ständigen Wandel unterworfen und ermöglicht es den Individuen, sich in immer besserer Weise miteinander auszutauschen. Insofern sind Grundregeln der Grammatik nur vorübergehende gesellschaftliche Vereinbarungen. Und die gesellschaftliche Vereinbarung ist nicht mehr männerzentriert; die Gesellschaft hat gemerkt, dass sie in ihrer Mehrheit weiblich ist.

Kerstin Weiß, München

Liebe Kollegin Ingo Reiß,

eigentlich möchte ich es Dir nicht unterstellen, aber mein weibliches Gefühl sagt mir, dass Du mit Deiner Haltung im vorletzten Jahrhundert oder noch früher angesiedelt bist. Von den vielen Tausend Jahren, die Frauen immer nur in der zweiten Reihe standen, habe ich zwar nur ein paar Jahrzehnte erlebt, aber das reicht vollauf. Und daher ist eine andere Schreib-, aber vor allem Denkweise mehr als überfällig. Dass Dich die Doppelnennung oder auch die "Hackebeil-Variante" nervt, kann ich sehr gut verstehen. Mir geht es da genauso. Daher schlage ich vor, dass wir uns generell auf die weibliche Sprech- und Schreibweise einigen. Es grüßt vollkommen geschlechtsneutral

Irene Kamm, Stuttgart


Internationales "Bolivien - Schritte zum sozialen Wandel", ver.di publik 7_2014

Wenn die Großkonzerne nichts mehr für den Staat und damit für die allgemeine Wohlfahrt abgeben, weil sie Steuern vermeiden, umgehen oder sogar hinterziehen (siehe die aktuelle Diskussion um Luxemburgs "Erfolgsmodell") oder wenn Banken Milliardenbeträge aus öffentlicher Hand in den Rachen geworfen bekommen, um deren katastrophale Fehlspekulationen und Spielkasinoverhalten aufzufangen, dann gibt es nur eine richtige, d.h. nicht-neoliberale Lösung: Wie in Bolivien sollten diese Großunternehmen verstaatlicht und unter demokratische Kontrolle gestellt werden, um so zu einer gerechten Sozialpolitik, Gesundheits- und Bildungspolitik usw. beizutragen.

Jürgen Kelle, per E-Mail


Überschrift "Du willst es doch auch", ver.di publik 7_2014

Auf Seite 2 wird zur Mitgliederwerbung aufgerufen unter der Überschrift "Du willst es doch auch ...". Diese Formulierung klingt humorvoll-cool, denn es ist wohl eine vermeintlich humorvolle sexuelle Anspielung enthalten, daher wird es wohl für Werbezwecke verwandt. "Du willst es doch auch" ist ein leider häufig verwendeter Satz von Vergewaltigern/Missbrauchstätern (oder -täterinnen) gegenüber ihren Opfern. Eine salopp gemeinte Formulierung, die aus diesem Kontext stammt, ist für mich in einer Zeitung geschmacklos und inakzeptabel - zumal es bei ver.di u.a. um Emanzipation aus Situationen der Unterdrückung geht. Als Referenz sei ein bemerkenswertes Projekt der amerikanischen Fotografin Grace Brown genannt, die Menschen, die Missbrauch und Vergewaltigung erfahren haben, mit Schildern fotografiert, auf denen steht, was die Täter/innen zu ihnen gesagt haben. Die Süddeutsche Zeitung nimmt sogar Eure Überschrift "Du willst es doch auch" als Titel für ihren Bericht über die Kampagne: http://www.sueddeutsche.de/panorama/project-unbreakable-du-willst-es-doch-auch-1.1790621.

Bitte achtet in Zukunft darauf, woher sprachliche Muster kommen, die in ver.di publik zu lesen sind!

Susanne Schmitt, per E-Mail

(Die Überschrift sollte ausgetauscht werden, was aber in der Hektik des Redaktionsschlusses dann doch nicht erfolgt ist. Ein schwerer Fehler - wir entschuldigen uns! Die Redaktion)


Thema "Beben auf dem Zeitungsmarkt", ver.di publik 07_2014

Nicht nur in Hessen haben die Printmedien verstärkt mit der Online-Konkurrenz zu kämpfen: Als Zeitungsausträgerin im baden-württembergischen Heidelberger Umland kann ich bestätigen, dass die Anzahl der Kunden mit Printabonnements heute ca. 50 Prozent niedriger ist als vor acht bis zehn Jahren.

Ein weiterer wichtiger Grund für diesen Rückgang sind die seit Jahren zurückgehenden Realeinkommen insbesondere der unteren Bevölkerungsschichten bei zugleich deutlich gestiegenen Preisen für Printabonnements. Dass Zeitungsausträgerinnen trotz ihres harten Jobs bei Nacht, Wind und Wetter noch zwei Jahre länger als andere Berufsgruppen auf den vollen gesetzlichen Mindestlohn warten müssen, ist in diesem Zusammenhang kein positives Aushängeschild für die Gewerkschaften - auch im Hinblick auf die Neumitgliederwerbung: So mancher Arbeitskollege von mir fühlt sich durch die zustande gekommene gesetzliche Mindestlohnregelung geradezu betrogen. Zumal das Arbeitseinkommen der Zeitungsausträger/innen in der Regel ohnehin nicht zum Leben reicht, weshalb ich und weitere Kolleginnen sich als "Aufstocker" ihren notwendigen Lebensunterhalt teilweise von der Allgemeinheit finanzieren lassen müssen. Von den mit dem "Aufstocker"-Status einhergehenden Schikanen bei den Jobcentern ganz zu schweigen - denn dort wird nach meiner bisherigen Erfahrung überhaupt kein Unterschied im Umgang mit Kunden dahingehend gemacht, ob jemand bereits einen Teil seines Lebensunterhaltes selbst verdient oder nicht. Vielmehr artet das Ganze bei erwerbstätigen Jobcenter-Kunden erst recht in aufwendige Bürokratie aus - schon allein wegen der bei Zeitungsausträger/innen zumeist monatlich wechselnden Höhe des Arbeitseinkommens.

Elgin Fischbach, Leimen


Thema "Ost-West-Renten", ver.di publik Generationen 6_2014

Wozu eine Angleichung der Renten? Die Kaufkraft ist im Osten höher, also haben die Rentner dort schon jetzt mehr von ihrer Rente. Rente mit 63 kann ich mir wegen Abitur und längeren Kindererziehungszeiten, da es keine Kindererziehungsmöglichkeiten, schon gar nicht für kranke Kinder gab, abschminken. Die Rente der Westfrauen ist schon jetzt im Schnitt niedriger. Wieso sollen wir noch mehr benachteiligt werden?

Ute Neuß, per E-Mail


Internationales "Brasilien - Arbeiterpartei gewinnt die Wahl", ver.di publik 7_2014

Keine Frage: Dilma Rousseff war die bessere Alternative. Das rechtfertigt jedoch nicht, durch Weglassungen die tatsächlichen Verhältnisse zu beschönigen, wie dies die Tendenz des Artikels ist. "Ich weiß, dass ich wieder zur Präsidentin gewählt wurde, um die großen Veränderungen durchzuführen, die die brasilianische Gesellschaft fordert", zitiert der Verfasser die Präsidentin. Ihre deutliche Selbstkritik, sie wolle künftig eine bessere Präsidentin sein, wird verschwiegen. Dass Rousseff dies nicht etwa vor, sondern nach ihrer Wiederwahl gesagt hat, verweist auf massive Probleme - auch in ihrer Partei, der PT. Ganz harmlos verallgemeinernd heißt es: "Die Politik ist von Korruption und Vetternwirtschaft durchsetzt." Kein Wort zu dem Mensalão-Korruptionsskandal, in den Lula da Silvas Kabinettschef, José Dirceu, verstrickt ist, kein Wort dazu, dass sechs Minister ihrer ersten Regierung wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten mussten und gerade im Moment zwei weitere ihr Amt zu verlieren drohen. Die Aussage, dass die rechtslastigen Medien versucht hätten, den Unmut der Öffentlichkeit gegen Regierung und Präsidentin zu kanalisieren, ist derart einseitig, dass es an Verfälschung grenzt; denn der Unmut kommt doch nicht von ungefähr: Nach wie vor haben finanziell einflussreiche Kreise das Sagen. Deren Widerstand riefen übrigens auch drastische Maßnahmen zum Schutz des Regenwaldes hervor, die Marina da Silva als Umweltministerin in Lulas Kabinett vergeblich durchzusetzen versuchte, weswegen sie schließlich zurücktrat.

Fazit: Dilma Rousseff wird noch viel Kraft brauchen, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden (was ihr im Interesse der brasilianischen Bevölkerungsmehrheit zu wünschen ist).

Mathias Saecker, per E-Mail


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