Gläserner Sportler: Schon bald soll es Gutscheine der Krankenkasse für ihn geben

Sie zählen Schritte und Kalorien, erinnern an fällige Medikamente oder messen per GPS-Tracker Länge und Verlauf einer Jogging-Strecke. Die sogenannten Gesundheits-Apps für Smartphone und Co. sind wahre Alleskönner. Neben der genauen Länge der Jogging-Strecke misst das kleine Programm auf dem Smartphone auch gleich, wie schnell der Jogger unterwegs ist. Trainingserfolge lassen sich so ganz leicht dokumentieren. Was serviceorientiert und praktisch daherkommt, birgt aber auch versteckte Gefahren. Denn welche/r Nutzer/in weiß eigentlich, wo genau die Daten gespeichert werden, die das Smartphone fleißig sammelt? Oder welcher Hersteller hinter der genutzten Gesundheits-App steht?

Trotz der Frage nach dem Datenschutz boomt der Markt für die kleinen Gesundheits-Programme. Schon mehr als jeder fünfte Deutsche nutzt eine Gesundheits-App auf seinem Smartphone. Und in den großen App-Stores stehen mehr als 100 000 solcher Anwendungen zur Wahl. Vor eineinhalb Jahren teste- te die Stiftung Warentest insgesamt 24 ausgewählte Gesundheits-Apps, je zwölf für die Betriebssysteme iOS und Android. Bei jeder sechsten App wurden die Gesundheitsdaten der Nutzer unverschlüsselt an den Hersteller übertragen. Das heißt, dass mit dem entsprechenden Know-how jeder auf diese Daten zugreifen könnte. Doch noch viel interessanter: Nicht selten sind große Pharmakonzerne die Hersteller der Gesundheits-Apps. Für sie sind die Gesundheitsdaten vor allem gebündelt zu Nutzerprofilen interessant.

Und genau solche Nutzerprofile reizen auch den Versicherer Generali. Er plant die Einführung einer eigenen Gesundheits-App, mit der Kunden ihre Gesundheits- und Fitnessdaten freiwillig an ihre private Krankenversicherung übermitteln. Im Gegenzug für diese lückenlose Überwachung per App erhalten die Versicherten Gutscheine und Rabatte. Allerdings nur, wenn die übermittelten Daten zu Lebensstil, Ernährung und allgemeiner Fitness auch wirklich belegen, dass der Kunde ein risikoarmes Leben führt. Denn je gesünder ein Versicherter ist, desto kostengünstiger ist er für seine Krankenversicherung. So der wirtschaftliche Gedanke hinter dem Bonussystem.

Versicherte unter Druck

Schon Ende des Jahres könnte die App im Rahmen des Gesundheitsprogrammes Vitality an den Start gehen. Langfristig will Generali sogar individualisierte Tarife bei der Krankenversicherung anbieten, die sich auf die Preisgabe der persönlichen Gesundheits- und Fitnessdaten der Versicherten stützen. Die Konsequenzen einer solchen Entwicklung sind erheblich: Wer ungesünder lebt, chronisch krank ist oder aber aus Prinzip seine Daten nicht preisgeben möchte, könnte künftig deutlich höhere Versicherungsbeiträge zahlen müssen. Das Solidarprinzip der Krankenversicherung, das auch bei den privaten Versicherern gilt, wird mit solch einem Programm ad absurdum geführt.

Und sollten die Versicherungsprämien bei verweigerter Offenlegung der persönlichen Gesundheitsdaten in die Höhe schnellen, dürften sich manche Versicherte schon aus finanziellen Gründen genötigt fühlen, doch an einem App-basierten Gesundheitsprogramm teilzunehmen. Verbraucherverbände fürchten eine Entwicklung von einem Rabattsystem hin zu einem Strafsystem.

"Ich kann vor einer solchen Gesundheits-App und den Folgen für die Solidargemeinschaft nur warnen", sagt deshalb auch Lenz Queckenstedt vom Verbraucherzentrale-Bundesverband zur Generali-App. Besondere Vorsicht sei geboten, wenn die mithilfe der Gesundheits-App gesammelten Daten innerhalb des privaten Versicherungskonzerns weitergegeben werden. Denn dann könnten auch zukünftige Versicherungsabschlüsse wie Lebensversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung von den Gesundheitsdaten der App abhängen. Eine solche Weitergabe bedarf zwar einer Zustimmung des Versicherten, dass aber könnte sich leicht im Kleingedruckten der Datenschutzerklärung einer solchen App verstecken.