Silke Liebert, 52, Erzieherin und Heilpädagogin, Leiterin der Kita "Schwalbennest" in Falkensee (bei Berlin), aktiv in der ver.di-Fachgruppe Sozial- und Erziehungsdienst

Die Arbeit hier ist absolut mein Ding. Das war schon lange mein Lebenstraum, eine so große Einrichtung zu leiten, deshalb habe ich mich vor zwei Jahren, mit 50, auch bei der Stadt beworben. Leiterin bin ich schon seit vielen Jahren gewesen, aber das waren vorher immer kleinere Kindergärten.

2012 habe ich also bei der Stadt Falkensee ein Auswahlverfahren durchlaufen, mit einem Test und einer Hausarbeit über ein Kita-Projekt zu Umweltfragen. Ich habe meine Bewerbung seitdem noch nicht eine Minute bereut. Die Arbeit mit so vielen verschiedenen Menschen macht mir Spaß, mit Eltern, Erzieherinnen und Erziehern, Küchenkräften. Vor allem aber mit den Kindern. 105 haben wir, in sechs Gruppen. Eine Erzieherin pro Gruppe, das ist zu wenig, da werde ich als Springer ständig gebraucht. Kein Tag ist wie der andere. Ich gehe rein, wo ich gebraucht werde. Heute früh kam die Nachricht, dass eine Kollegin krank ist. Jetzt muss ich den Dienstplan ändern, gute Lösungen für die Kinder finden. Für einen reibungslosen Ablauf sorgen.

Rein rechnerisch habe ich eine 40-Stunden-Woche. In Brandenburg stehen mir nur zehn Stunden davon für die Leitungsarbeit zu. Das reicht natürlich nicht, dafür ist viel zu viel zu tun. Den größten Teil meiner Arbeitszeit verbringe ich in den Gruppen. Ich mache Früh- oder Spätdienst, Urlaubs- oder Krankheitsvertretung. Gestern war ich ab halb acht bei den Kindern, habe die ersten empfangen. Um neun gehe ich immer durchs Haus, das ist mein tägliches Ritual. Dann sind alle Erzieherinnen da, ich begrüße sie und horche, was sie für den Tag planen und wie es ihnen geht. Das ist mir bei ihrer hohen Belastung wichtig. Die Frage ist immer: Wie kann ich helfen?

Dann laufe ich ins Büro, sichte die Post, die E-Mails. Mit Prioritätenliste: Was muss gleich getan werden, was kann warten? In der Bürozeit haben sich gestern vier Männer die Klinke in die Hand gegeben, unser Hausmeister und Handwerker. Es ging um bauliche Maßnahmen für den Brandschutz und Kostenvoranschläge. Später kamen Eltern vom Förderverein, um unser nächstes Vorhaben zu besprechen. Wir wollen eine Nestschaukel anschaffen. Die Eltern sammeln dafür Geld, ich organisiere einen Kuchenbasar. Einmal im Monat treffe ich mich zu einer gemütlichen Runde mit unserem Kinderrat, zwei Kinder aus jeder Gruppe gehören dazu. Sie erzählen mir, was in ihrer Gruppe so los ist. Die Beteiligung der Kinder, das ist in diesem Maße neu. Wir setzen das um, aber ich habe ich es bisher noch nicht geschafft, das in unser Konzept einzuarbeiten.

Unser Haus schließt täglich um 17 Uhr, dann habe ich Ruhe. Mindestens einmal in der Woche bleibe ich bis ca. halb neun im Büro, kümmere mich um Infobriefe für die Eltern, um die Bestellung von Spielmaterial und vieles andere. Trotzdem bleibt immer etwas liegen. Das macht mich manchmal unzufrieden, aber ich kann meine Arbeitszeit nicht verlagern, ich muss im Haus sein, als Ansprechpartnerin für alle. Mein Sohn ist übrigens auch Erzieher geworden. Das habe ich ihm mal vorgeschlagen.

Protokoll: Claudia von Zglinicki

Schwerpunkt Seite 3

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