Ausgabe 01/2015
Streiken, wenn's drauf ankommt
Martina Meyer ist die Vorsitzende des Personalrats Kita bei der Landeshauptstadt München
Die Gewerkschaft ver.di tritt 2015 an, die Berufe des Sozial- und Erziehungsdienstes deutlich aufzuwerten. Motto: "Soziale Berufe: Richtig gut. Richtig wichtig." Im Jahre 2009 konnten nach wochenlangen Warnstreiks erste kleine Verbesserungen für Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen und deren Leitungskräfte durchgesetzt werden. Ein wirklicher Durchbruch, diese Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, vor allem in der Bezahlung aufzuwerten, ist damals noch nicht gelungen. Auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise haben die Kämmerer der Städte und Gemeinden alles verhindert, was zu Mehrausgaben geführt hätte. ver.di publik sprach mit Martina Meyer, der Vorsitzenden des Personalrats Kita bei der Landeshauptstadt München.
ver.di publik - Oberbürgermeister Dieter Reiter hat doch gerade erst durchgesetzt, dass Erzieherinnen eine Arbeitsmarktzulage bekommen. Warum sollen jetzt schon wieder Eingruppierungsverhandlungen geführt werden?
MARTINA MEYER - Die Arbeitsmarktzulage bekommen hier in München die Erzieherinnen und Erzieher, weil es sich um einen Mangelberuf handelt. Das ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers und kann natürlich auch wieder wegfallen. Das heißt: Es gibt dafür keinen tarifrechtlichen Anspruch. In der kommenden Tarifrunde geht es um alle Berufsgruppen im Sozial- und Erziehungsdienst. Es geht um die Aufwertung dieser Berufe, um eine Bezahlung, die ihren Status verbessert und auf die dann ein Rechtsanspruch besteht. Die Eingruppierungsvorschriften müssen neu geregelt werden, zum Beispiel bei den Leitungen von Kindertageseinrichtungen, damit auch Kriterien wie die Beschäftigtenzahl ein alternatives Heraushebungskriterium bei der Eingruppierung wird.
ver.di publik - Und was ist, wenn die Arbeitgeber auch 2015 argumentieren, dass die Kassen der Kommunen leer sind?
MEYER - Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zum Mittel der Arbeitsniederlegung zu greifen und zu streiken.
ver.di publik - Mal ehrlich: Glaubst Du wirklich, dass die Eltern Verständnis dafür haben, wenn mal wieder die Krippen, Kitas, Tagesheime und Horte geschlossen bleiben?
MEYER - Ich denke schon, dass Eltern grundsätzlich Verständnis für einen Streik haben und sich mit uns solidarisieren, weil wir die Bildung und Betreuung ihrer Kinder sichern. In der Vergangenheit hat sich bei Tarifauseinandersetzungen allerdings gezeigt, dass das Verständnis bei mehreren Streiktagen bzw. längeren Schließungen rapide abnimmt. Angesichts gestiegener Anforderungen und anspruchsvollerer Ausbildung ist es an der Zeit für eine angemessene Bezahlung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst. Dafür werden wir 2015 kämpfen - und wenn es darauf ankommt, auch streiken.
Interview: Heinrich Birner