Die Erzieherinnen fordern verbindliche Arbeitsbedingungen

Bayerns Arbeits- und Sozialministerin Christine Haderthauer, CSU, hat im Sommer 2012 einen Entwurf zur Novellierung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) vorgelegt. Der Entwurf hat lautstarke Kritik hervorgerufen. An einer Protestveranstaltung im Sommer nahmen rund 3 000 Erzieherinnen und Verantwortliche aus Kinderkrippen und Kindertagesstätten teil. Wir wollten von Martina Meyer, der Personalratsvorsitzenden bei der Stadt München, mehr über die Hintergründe erfahren:

ver.di PUBLIK | Martina, was kritisieren Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen und Leitungskräfte an den Änderungsvorhaben zum BayKiBiG?

MARTINA MEYER | Die Hauptkritik am Gesetzesvorschlag ist, dass keine grundlegenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen in Bayern verankert werden. Eine minimale Verbesserung des Anstellungsschlüssels - das heißt der Anzahl der Kinder pro Erzieher/in - von 1:11,5 auf 1:11 ist ein Tröpfchen auf dem heißen Stein und wird im Endeffekt keine gravierenden Veränderungen im Arbeitsalltag bringen. "Inklusion" ist im BayKiBiG zwar verankert, aber was nützt ein wichtiges Ziel, wenn das notwendige Personal und die ausreichende Finanzierung nicht bereitgestellt werden.

ver.di PUBLIK | Das Wort "Inklusion" bedeutet?

MEYER | Kein Kind wird ausgeschlossen, alle Kinder werden gleichermaßen wahr- und angenommen. Die Institution muss sich öffnen und sich darauf einstellen, Kinder in all ihrer Verschiedenheit - kulturelle Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Alter, Sprache, mit und ohne Behinderung und so weiter - aufzunehmen.

ver.di PUBLIK | Sollte sich Frau Haderthauer durchsetzen, was bedeutet das für die Kinder und deren Eltern?

MEYER | Das bedeutet, dass es keinerlei spürbare Verbesserungen in den Einrichtungen geben wird. Im Gegenteil, der Arbeitsdruck auf die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen wird vermutlich noch erhöht. Dabei sollte doch eine sehr gute Qualität für die Kinder und deren Eltern im Vordergrund stehen. Ohne ausreichendes Personal können wir weder unseren Bildungsauftrag umsetzen noch den Bedürfnissen der Kinder und Eltern gerecht werden.

ver.di PUBLIK | Kritisieren ist das eine, was aber fordern die Beschäftigten in Kinderkrippen und Kindertagesstätten?

MEYER | Unsere Forderung ist, dass ausreichend Erzieherinnen für die Kinder zur Verfügung stehen. Dazu müssen die Leitungskräfte aus dem Anstellungsschlüssel herausgerechnet werden. Wir brauchen auch eine gesetzliche Verankerung unserer Vorbereitungszeiten. Die Arbeitsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen müssen verbindlich geregelt werden. Dies wäre mit einer Novellierung des BayKiBiG in Teilen sicher möglich, wurde aber nicht aufgegriffen.

Mich freut es aber sehr, dass wir in ver.di einen Tarifvertrag zu den Arbeitsbedingungen entworfen haben. Damit wollen wir unter anderem die Verfügungszeiten, alternsgerechtes Arbeiten und die Herausrechnung der Leitungskräfte aus dem Anstellungsschlüssel per Tarifvertrag regeln. Ich hoffe sehr, dass wir uns mit unseren Forderungen durchsetzen. Also Daumen drücken und sich dafür stark machen, dass die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen in Bayern positiv verlaufen!

INTERVIEW: Heinrich Birner