Niedersächsischer Landtag

"Die Landesregierung ist stark gestartet und hat mit den Themen gute Arbeit und faire Löhne gepunktet. Vor allem der Wirtschafts- und Arbeitsminister hat sich für den gesetzlichen Mindestlohn und gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen offensiv eingesetzt. Das Tariftreue- und Vergabegesetz unterbindet Tarifflucht und setzt soziale Standards." So bewertet ver.di-Landesleiter Detlef Ahting die rot-grüne Halbzeitbilanz in Niedersachsen. "Aber", fügt er hinzu, "auf der Langstrecke kommen SPD und Grüne nur schwer in Gang." Wie Ministerpräsident Stephan Weil sagt Ahting daher: "Es gibt noch viel zu tun!"

Nachbesserungsbedarf gebe es vor allem bei den Themen Kita-Gesetz, Pflegekammer und Personal-Vertretungsgesetz.

Kita-Gesetz: Da Rot-Grün keine Novellierung des Kita-Gesetzes vorgelegt habe, hatte ver.di in einem eigenen Entwurf Verbesserungen vorgeschlagen. Danach soll eine Erzieherin nicht mehr als acht Kinder betreuen und eine Kitagruppe höchstens 24 Kinder umfassen. Dafür bedarf es einer dritten Fachkraft in den Gruppen. Für Fort- und Weiterbildung sowie für Elterngespräche sei mehr Zeit erforderlich, um den gestiegenen Anforderungen an frühkindliche Bildung gerecht werden zu können. Kita-Leitungen brauchen darüber hinaus mehr Zeit für Verwaltung und Organisation.

Bei einer Anhörung zu diesem Entwurf gab es breite Unterstützung für die ver.di-Forderungen und eine positive Resonanz von den Landtagsfraktionen der SPD, Grünen und CDU, der Landesarbeitsgemeinschaft der Elterninitiativen, von Prof. Dr. Karsten von der Leuphana-Universität, vom Bündnis für Kinder und Familien, dem Bildungswerk ver.di und dem DGB. ver.di wird die Anregungen aus der Anhörung aufgreifen und den Entwurf überarbeitet wieder vorlegen.

Pflegekammer: Der Kabinettsbeschluss zur gesetzlichen Einrichtung einer Pflegekammer stößt vielfach auf harte Kritik (siehe auch nebenstehende Meldung). "Die Landesregierung macht einen schweren politischen Fehler, denn die Kammer wird die eigentlichen Probleme der Pflege nicht lösen. Mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter sind die Schlüssel für bessere Pflege", sagt Ahting. Da sei sich ver.di mit den vielen Tausend gewerkschaftlich organisierten Pflegekräften einig. Doch genau dafür sei die Kammer gar nicht zuständig.

Rot-Grün habe die Alternative nicht ernsthaft geprüft, statt der Kammer mit Zwangsmitgliedschaft einen Pflegering Niedersachsen mit gleichen Aufgaben einzurichten. Zudem betreibe Rot-Grün die Spaltung der Beschäftigten in examinierte Fachkräfte mit Kammer-Mitgliedschaft und nicht-examinierte Pflegekräfte ohne Kammer-Mitgliedschaft. Das alles komme ideologischer Starrsinnigkeit gleich. Ahting appelliert nochmals an alle Landespolitiker, einen Pflegering Niedersachsen als Alternative in Erwägung zu ziehen. Noch sei Zeit dafür!

Niedersächsisches Personal-Vertretungsgesetz (NPersVG): Der Gesetzesentwurf zum NPersVG enthalte Verbesserungen, erfülle jedoch nicht die Ansprüche an ein modernes Mitbestimmungsrecht, sagt Ahting. Zu den ver.di-Forderungen zählen: bessere Freistellungen für Personalräte für gestiegene Anforderungen; erweiterte Mitbestimmungsrechte bei Privatisierungen, Ausgründungen oder Verlagerungen; Zulassung von Wirtschaftsausschüssen unterhalb von 200 Beschäftigten. Ahting: "Es bleibt unverständlich, warum in Niedersachsen ein schlechteres Personalvertretungsrecht gelten soll als in Nordrhein-Westfalen."